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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 116
(PDF, 31 MB)
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Teil II
Der Sturz des Ikarus
Seine Darstellung in Kunst und Literatur

Heinz Intveen

Die vorliegende Darstellung des Ikarus-Absturzes in der Form einer Radierung von Matthäus
Merian im Zyklus der Tages- und Jahreszeiten kann auf eine lange kunsthistorische Tradition
zurückgreifen. Bereits in der Spätantike findet man die Personifikation der Jahreszeiten vor, aus
der sich im Laufe der Zeit selbständige Jahreszeitenbilder mit typologischen. symbolisch
gedachten Genreszenen entwickeln: So wird der Frühling als eine Frau dargestellt, die Hühner
füttert, oder durch Liebespärchen versinnbildlicht, werden für den Sommer die Schafschur und
Getreideernte, für den Herbst Weinlese und Obstpflücken, für den Winter die Schweinemetzgete
symbolisch verwendet.

Die Landschaft hatte dabei zunächst nur untergeordneten Charakter, rückte aber mit Beginn
der Neuzeit immer mehr in den Vordergrund, ja konnte schließlich sogar topographisch eindeutig
bestimmbar sein - wenn auch, wie in unserem Falle, aus technischen Gründen seitenverkehrt.
Figuren und Figurengruppen wurden demgemäß immer mehr verkleinert und gerieten so
letztendlich zur bloßen Staffage. Ende des 16. Jahrhunderts nahmen sich auch Landschaftsmaler
und -Stecher des Themas "Jahreszeiten" an.

Matthäus Merian, beeinflußt von den Niederländern, machte für seine Radierung eigene
Studien nach der Natur, wie an unserem Grenzacher Stich mit seinen vielen realistischen
Einzelbeobachtungen (z.B. am Galgen) sehr schön nachzuweisen ist. Dabei geht es ihm auch um
das Miteinander von Landschaft. Mensch und Umwelt, in unserem Falle vom Rheintal und den
in ihm tätigen Menschen wie Fischern. Schiffern oder Wanderern. Sie alle werden Zeuge des
Ikarus-Sturzes am "hellichten Tag". "Dies". Tag, oder genauer wohl "Meridies". Mittag, ist das
eigentliche Thema dieses Blattes aus dem Zyklus der vier Jahreszeiten.

Das Ikarus-Sturz-Motiv haben vor Matthäus Merian schon so berühmte Künstler wie Albrecht
Dürer (um 1490) oder Pieter Brueghel d.Ä. (im 16. Jh.) rezipiert, die älteste bekannte Darstellung
ist aber wohl ein Fresko aus einem Wandgemälde einer Villa in Pompeji, das kurz vor dem
Untergang der Stadt im Jahre 79 n. Chr. entstanden sein dürfte.

Der Mythos von Dädalus und Ikarus oder der Traum vom Fliegen

Ikarus (griechisch: Ikaros) erscheint, wie auch auf der Radierung von Matthäus Merian, in
künstlerischen Darstellungen immer in enger Verbindung mit seinem Vater Daedalus (griechisch
: Daidalos), der ihm das Fliegen beibringt. Der Name Daidalos spricht für sich, läßt er sich
dbch vom griechischen "daidällein" ableiten, was soviel heißt wie "kunstvoll ausarbeiten".
Daidalos steht zunächst als Kollektivname für verschiedene kretische und attische Künstler, wird
aber schon in Homers "Ilias" mit Ariadne. der Tochter des Königs Minos von Kreta, in
Verbindung gebracht. Daidalos' Tätigkeit auf Kreta, wo er nach der griechischen Mythologie der
Architekt des berühmten Labyrinths - nach heutigen Erkenntnissen eher der gewaltigen
Palastanlage von Knossos - wurde, resultierte weniger aus einer Zuneigung zu dieser Insel und
zu ihrem König als aus ganz persönlichen Motiven. Daidalos war nämlich in seiner Heimatstadt
Athen rechtskräftig verurteilt worden wegen Mordes an seinem Neffen Talos, dessen Erfindertalent
den ehrgeizigen Onkel eifersüchtig gemacht hatte. Durch die Flucht nach Kreta
entzog er sich so den attischen Strafverfolgungsbehörden.

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