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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
55.1993, Heft 2.1993
Seite: 163
(PDF, 31 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1993-02/0165
mäßigen Besitzstreifen erschlossen. Der klassische Fall des Bauernhofes aus der Rodungszeit
der Wälder ist der, daß nicht nur das Acker- und Wiesenland, sondern auch der Wald mit dem
Bauernhof zusammen eine einzige Besitzeinheit, ja ein einziges großes Grundstück bildet.
Ganz anders sieht es im südlichen Teil des Schwarzwaldes, in den heutigen Kreisen Lörrach
und Waldshut. aus. Hier fehlen fast ganz die großen bäuerlichen Höfe als geschlossene
Besitzeinheiten. Wo sich Höfe finden, verfügen sie in der Regel nur über verstreute Parzellen
und wesentlich weniger Land als die Höfe im Dreisam-. Elz- und Kinzigtal. Wir haben es ganz
überwiegend mit kleinparzellierten Acker- und Wiesenfluren zu tun. Hofanschließender
Bauernwald ist so gut wie nicht vorhanden. Die Gruppensiedlung ist viel stärker verbreitet als
der Einzelhof. Bei genauerem Studium der Urkunden. Lagerbücher und schließlich auch der
frühesten Besitzkarten wird deutlich, daß dieser aufgesplitterte Besitz und die relativ kleinen
Bauernwirtschaften mindestens bis ins Spätmittelalter zurückgehen. Die Wälder waren noch
großenteils um die letzte Jahrhundertwende gemeinsame Weidegebiete für die Dorfgemeinschaft
oder Täler. Der alte Ackerbau wurde nur sehr extensiv betrieben. Es gab nur wenige
dauergenutzte hausnahe Wiesen und Äcker, die gern auch als Bifänge bezeichnet wurden. Das
ist wohl ein früher Name für das die Ausnahme bildende bäuerliche Privatland. Die größten
Teile der Gemarkung wurden gemeinsam durch das Vieh beweidet, kleinere Teile für den
Ackerbau nur jeweils für ein Jahr an die einzelnen Bauern ausgegeben, danach wieder mehrere
Jahre gemeinsam beweidet, bis wieder eine Ackernutzung überhaupt möglich war. In der
Fröhnd dauerte dieser Nutzungszyklus der sogenannten Feld-Gras-Wirtschaft je nach Lage
und Bodengüte 5-7 Jahre, weiter bergauf noch länger. Aus dem Hotzenwald sind mir Beispiele
bekannt, wo die Brache bis zu 18 Jahren währte, bevor man wieder an Getreidebau denken
konnte.

Man kann nun vermuten, daß diese alte, sehr extensive landwirtschaftliche Nutzung die
Ursache auch für die oben geschilderte kleinteilige Besitzstruktur der Bauernstellen ist. Ein
Vergleich mit den Landschaften nördlich vom Feldberg zeigt aber, daß bei annähernd gleichen
natürlichen Verhältnissen und ebenfalls nur extensiver Feld-Gras-Wirtschaft doch auch die
Anlage von entsprechend großen Bauernhöfen möglich war. Wir haben es also im Südschwarzwald
bei der ländlichen Sozialstruktur mit der deutlichen Folge historischer Verhältnisse,
und nicht einfach mit einer Antwort der siedelnden Menschen auf die natürliche Ausstattung
der Landschaft zu tun. Die urkundliche Überlieferung bestätigt das. Die ersten Siedlungsimpulse
kamen auch in diesem Teil des Schwarzwaldes von den Klöstern. Greifbar werden hier
durch spätere Besitzrechte das elsässische Murbach im oberen Großen Wiesental. Säckingen
im Raum von Zell und schließlich auch St. Trudpert im Raum westlich der oberen Wiese. Auch
in den Vogesen. also der heimischen Besitzlandschaft des Klosters Murbach, gibt es keine
geschlossenen Bauernhöfe wie im mittleren Schwarzwald. Das Kloster Säckingen war besitzmäßig
vielmehr nach dem Schweizer Jura und Mittelland, also Landschaften ganz anderer
siedlungsgeschichtlicher Zusammenhänge, ausgerichtet. Es war offensichtlich am Schwarzwald
viel weniger interessiert, was sich auch darin zeigt, daß von Zell aus nicht weiter
wieseaufwärts vorgestoßen wurde. Von St. Trudpert, das im Münstertal durchaus die üblichen
Schwarzwälder Einzelhöfe kennt, gingen anscheinend keine sehr starken Impulse auf das
Gebiet der heutigen Gemeinden Todtnau und Schönau aus. - Sie waren jedoch gewiß etwas
kräftiger, als man gemeinhin bisher annimmt, denn bis über das Ende des Mittelalters hinaus
war der Besitz dieses Klosters in einem eigenen grundherrlichen Gericht in Schönau zusammengefaßt
.

Es bleibt aber beim Endergebnis, daß die Träger der Besiedlung hier nicht in erster Linie die
Klöster waren, und ebenso war es auch nicht, w ie häufig anderwärts, ein großes Herrschergeschlecht
, sondern die Erschließung der Neusiedelgebiete lag in der Hand v on einer ganzen
Reihe vielleicht ursprünglich eng miteinander verwandter kleiner Adelsfamilien, die zum

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