Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
56.1994, Heft 1.1994
Seite: 78
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-01/0080
Fingerzeig für Maximilian, sich nun endgültig als küning milt an die Spitze der
tätschen nacion zu stellen:

Romsch ere und tütscher nacion

An dir o höchster künig stan

Nym war der stein ist dir gesant

Dich mant gott in dim eigen lant

Das du dich stellen solt zuo wer

O küning milt für uß diu her.
Brant als politischer Agitator und Prophet, Propagandist und Flugblatt-Autor: Mittelalterliches
und neuzeitliches Denken und Handeln stehen nebeneinander. Wie eng Brant
schon 1492/94 seine eigene Biographie mit der des Königs Maximilian verwoben sah,
markiert der "Narrenschiff'-Autor durch das literarische Mittel des Akrostichons: Die
Anfangsbuchstaben des zweiten Teils des Donnerstein-Flugblatts über Maximilian
beginnen mit den Buchstaben SEBASTIANNS BRAND DOCTOR!
Der letzte Abschnitt des 99. Kapitels beginnt als Gebet:

Ach Gott gib unsern hbubtem in.

Das sie suchen die ere dyn.
Soaleich aber übernimmt Brant wieder die Rolle des Mahners, der christusaleich
ausruft:

Wer oren hab / der merck und hör.
um noch einmal das Bild des Schiffes und des Mondes aufzunehmen:
Ich mane all Stadt der gantzen weit
Was würde / und tyttel die sint gezblt
Das sie tat dünt/als die schijflüt
Die uneynß sint / und haut eyn stritt

und

Dünt was üch zynibt noch üwerm grad

Do mit nit grosser werd der schad

Und gantz abnem die Sunn / und mon.
Mit dem ironisch vorgetragenen Angebot, seine Narrenkappe an den zu verschenken
, der ihm nicht glaubt, knüpft Brant an den Beginn des Kapitels an und schließt es
gleichzeitig ab. Wir dürfen annehmen, daß auch die Zahl 99 vom "klugen Narren"
Brant bewußt in der Tradition mittelalterlicher Zahlensymbolik gewählt und auf den
Inhalt des - 9! Abschnitte umfassenden - Kapitels bezogen wurde: 99=3x3x11. Die
Drei einigkeit Gottes (Vater. Sohn und Heiliger Geist) und die d r e i Patriarchen
Abraham. Isaak und Jakob bilden die Grundlage der "guten" Welt, aber die 11
(althochdeutsch einlif= eins darüber, d.h. über der 10) markiert das Böse - jenseits der
10 Gebote - eine Deutung, die uns heute fremd erscheint, die aber zur Zeit Brants noch
verstanden wurde.

So faßt die Zahl 99 Brants Grundanliegen in diesem Kapitel zusammen: in einer
sündig-chaotischen Welt des Übergangs und drohenden Untergangs das Bewußtsein
für christliche Glaubenswerte wachzuhalten und gesellschaftliche und politische
Konsequenzen aufzuzeigen.

78


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-01/0080