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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
56.1994, Heft 2.1994
Seite: 66
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verfügte. Man erkennt daraus, welch enormen Wert die Reformation auf die Schulbildung
legte. Nicht nur das gesamte geistliche und geistige, d.h. kulturelle Leben ist
durch die Reformation nachhaltig verändert worden, sondern auch das gesellschaftliche
. Dadurch, daß im Gottesdienst die Gemeinde im Mittelpunkt steht, ist diese, d.h.
die Vertretung des Volkes, sehr viel wichtiger geworden. Auch veränderten die
Glaubensinhalte das geistige und politische Klima; ein pragmatischer, durch das
protestantische Arbeitsethos geprägter Geist wurde maßgebend.

Man muß bedenken, daß ja noch immer im Markgräflerland Besitz und Rechte
..auswärtiger" Grundbesitzer vorhanden und zu respektieren waren. Dazu gehörte in
erster Linie das Kloster St. Blasien, das als in Vorderösterreich gelegenes katholisches
Kloster naturgemäß andere Vorstellungen hatte als das evangelisch gewordene
Markgräflerland. Das gleiche gilt für Österreich, das als wichtigste Vormacht des
alten Glaubens mit Nachdruck seine Interessen vertrat. So ließen denn auch Konflikte
nicht lange auf sich warten. Doch erreichte der nüchtern pragmatische, auf Ausgleich
der Interessen bedachte Sinn der Alemannen bald ein Übereinkommen zu einem
modus vivendi, der aus heutiger Rückschau als ein frühes, eindrückliches Beispiel
ökumenischer Haltung erscheinen kann. Es wurde dabei in der Regel so verfahren,
daß den „auswärtigen" Mächten ihre Besitzungen und ihre Rechte belassen wurden,
in materieller Hinsicht änderte sich also praktisch nichts, andererseits war es ihnen
untersagt, auf die ihnen nicht unterstellte Bevölkerung religiös einzuwirken. In
Bürgeln blieb beispielsweise der Besitz St. Blasiens erhalten, und dem Propst war es
gestattet, für sich und seine Hausgenossen die Heilige Messe zu lesen. Auch in
Weitenau wurde der Besitz St. Blasiens nicht angetastet, das Kloster hingegen
aufgehoben und zur evangelischen Pfarrkirche umgewandelt. Im wesentlichen ähnlich
ist in Sitzenkirch verfahren worden, hier verpflichtete sich St. Blasien, an diesem
Ort keinen Konvent mehr einzurichten, dafür wurde ein st. blasianischer Propst oder
Schaffner (Verwalter) geduldet:6).

Für das pragmatische Verhältnis zwischen der jetzt protestantischen Markgrafschaft
und den Patronatsherren, die beim alten Glauben blieben, zeugt der Neuenbur-
ger Vertrag von 1561, derein Übereinkommen auf breiter Basis bringt. Er besagt im
wesentlichen, daß den katholischen Patronatsherren ihre Einkünfte verbleiben, im
Gegenzug müssen diese sich aber verpflichten, die jetzt protestantischen Geistlichen
in vereinbarter Weise zu besolden. Ein eindrückliches Beispiel für ähnliche Verhältnisse
sieht man in Kleinkems, wo Abt Caspar II. von St. Blasien ein äußerst stattliches
protestantisches Pfarrhaus erbauen und mit seinem Wappen versehen ließ27'. Der
Schopfheimer Vertrag von 1629 sicherte den Geistlichen ihre Einkünfte im jeweils
andersgläubigen Gebiet.

Die von Karl II. erlassene Kirchenordnung war in wesentlichen Teilen der württembergischen
Kirchenordnung von 1553 entnommen :8'. Nach der Einführung der
Reformation bedurfte es der Geistlichen der neuen Konfession. Woher sollte man sie
in ausreichender Zahl und Ausbildung nehmen? Dieses Problem war auch den
Markgrafen bekannt: sie förderten daher zunächst das Studium evangelischer Geistlicher
in Basel und Straßburg; diese Lösung erwies sich indessen nicht als ideal. In

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