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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
56.1994, Heft 2.1994
Seite: 106
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-02/0108
Vogt die eine Hälfte, die Gerichtsleute die andere Hälfte erhalten. Die Wirklichkeit
sah manchmal jedoch anders aus. Dazu ein Fall aus der Amtsperiode des bei der
Gemeinde ohnehin unbeliebten Vogtes Hans Bapst. Sein Interesse an hohen Strafgeldern
führte zu seltsamen Gerichtsmethoden: Ein Eschbacher hatte eine unverheiratete
Frau geschwängert, wurde jedoch erst nach Jahren zur Rechenschaft gezogen, vermutlich
weil der Vogt erst so spät davon erfahren hatte. Der Angeklagte bat daraufhin
den Herrn von Rappoltstein um Unterstützung, da dieser Fall schon so lange her sei
und da die Frau bereits drei uneheliche Kinder gehabt habe. Die Beweggründe des
Vogtes sind wohl weniger in moralischer Entrüstung zu suchen als in materiellen
Interessen, da er von dem Strafgeld 1 lb beanspruchte und den Geschworenen nur ein
paar Pfennige geben wollte.

Der Vogt verwahrt das herrschaftliche Siegel, darf jedoch nur in Anwesenheit
des Gerichts siegeln. Man sieht, daß auch ihm Grenzen gesetzt sind. Ein schwieriges
Amt hat er auszuüben, sitzt er doch zwischen zwei Stühlen, soll es Herrschaft
und Bauern recht machen. In dieser Situation waren auch die Gerichtsleute, die
Geschäfte sowohl der Herrschaft als auch der Gemeinde wahrnehmen sollten.
Man erwartete von ihnen, daß sie unparteiisch und unbestechlich sind und daß sie
die Schweigepflicht einhalten, was offensichtlich nicht immer der Fall war.

Eindeutig war dagegen die Aufgabe der Vierer: Sie sollen alle Dorfgeschäfte
ausdrücklich zum Nutzen der Gemeinde erledigen, den Besitz der Gemeinde und
seiner Bewohner, sowohl der Armen als auch der Reichen, schützen. Die Gemeinde
darf ihnen aber auch nicht in ihre Geschäfte und Anordnungen hineinreden,
vorausgesetzt der Vogt heißt sie gut. So leicht zu beherrschen waren die Dorfbewohner
offensichtlich nicht. Sie wagten es sogar, sich "unerbarlich" gegenüber
den Vierern zu verhalten, wo doch "sute bescheidenheit" angebracht gewesen
wäre! In Eschbach gab es im 16. Jh. immer nur zwei Vierer: unter den Johannitern
wurden diese durch die Heimburger ersetzt.

Im Gegensatz zum Vogt durften die Vierer und die Gerichtsleute jedoch nur ein
Jahr lang ihr Amt ausüben. Auf diese Weise konnte die Herrschaft immer eingreifen
, wenn ihr mißliebige Personen amtierten. Sie sandte dann auch schon einmal
einen Amtmann aus Heiteren, um die Neuwahl zu überwachen und eventuell zu
beeinflussen. So einfach hatte es Egenolph nach den 60er Jahren überhaupt nicht
mit seinen Untertanen. Wenn ihnen der von der Herrschaft einsesetzte Vost. in

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der Regel ein Gemeindemitglied, nicht paßte, erkannten sie ihn nicht als "ihre
vorgesetzte Obrigkeit" an. Schließlich hatte der Vogt sich an den der Gemeinde zu
schwörenden Eid zu halten und ihre alten Bräuche und Gewohnheiten zu respektieren
! Er konnte nicht willkürlich Matten einzäunen, wenn dadurch das Vieh
nicht mehr auf die Weide getrieben werden konnte. Fremde durfte er auch nicht
einfach zu Bürgern annehmen, hier hatten die Vierer und die Gerichtsleute auch
noch mitzureden! Besaßen doch die Vögte ohnehin schon genug Rechte: sie bebauten
die herrschaftlichen Lehen, bewirtschafteten den sogenannten Vogtsacker,
ohne den Zehnt dafür geben zu müssen. Außerdem waren sie von den gemeinen
Frondiensten befreit und konnten sogar einen Tag lang Frondienst von den Tag-

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