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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
56.1994, Heft 2.1994
Seite: 209
(PDF, 60 MB)
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"Stroßwirths Tocher, was hesch denkt, undhesch mer en doch g'no?/ Jo. es het io
mäeßen undgseit: "Ins Here Gotts Name!" (Z. 59 ff.) In der Rolle des Vaters übt hier
Hebel verhaltene Kritik an der rechtlosen Stellung der Frau, die nicht aus Liebe und
freier Entscheidung, sondern aus falscher Rücksichtnahme gegenüber den eigenen
Eltern Michel geheiratet hat. Ein drittes Mal ergreift der Vater-Erzähler Partei für das
"Opfer Frau", dieses Mal - nach einer Ohnmacht Kätterlis- nicht argumentierend,
sondern emotional: "Wärsch doch niimme verwacht, wie menge bittere Chummer /
hättsch verschlofen. armi Frau, wo dinerno wartet!" (Z. 109 f.)

Bereits hier und nicht - wie viele Interpreten angenommen haben - am Ende des
Gedichts finden wir die "Moral" der Geschichte: Die vom Mann mißhandelte Frau
erweckt das Mitleid des Lesers. - die Schuld wird dem sündigen Mann zugewiesen.

Der eingeblendete "schwere bidütseme Traum" (Z. 41) Kätterlis hat mehrere
Bedeutungen: Zum einen zeigt er die großen Ängste Kätterlis. die sie bis in den Schlaf
verfolgen. Ein falscher Kapuzinermönch erscheint, und statt Heiligenbildchen zieht
sie Spielkarten, die ihr vierfaches Unheil verkünden und damit für den Zuhörer bzw.
den Leser das Ende der Geschichte vorwegnehmen. Dieses Ende erweist sich dann als
"männliche" Erfüllung der "weiblichen" Traumphantasie Kätterlis: Der falsche
Kapuzinermönch entlarvt sich als der teuflische Grünrock, der mit Karfunkelstein
und Kartenspiel sein Teufelswerk vollendet.

VI

Das "Carfunkel"-Gedicht: Hebels "Faust- und Gretchen-Tragödie"

Dem geneigten aufmerksamen Leser wird schon längst aufgefallen sein, daß der
Traum Kätterlis genau lokalisiert wird: " 's isch em gsi, es chömm vo S taufe füren an
d'Landstroß:/an der Landstroß goht e Chapeziner und betet." (Z. 42 f.) Spätestens
jetzt erkennen wir Hebels "Carfunkel" - Gedicht als eine Faust-Geschichte: Mephi-
stopheles im Gewände des falschen Mönchs und Grünrocks. Faust als Michel.
Kätterli als (verheiratetes) Gretchen.

Die zahlreichen weiteren inhaltlichen Parallelen zum Volksbuch von 1587, zum
Faust-Puppenspiel und zu Goethes "Faust"-Fragment von 1790 hat bereits Max
Werner (1924. S. 15 ff.) dargestellt. Zu den Faust-Motiven im "Carfunkel" gehören
vor allem:

- Michel-wie Faust im Volksbuch - als Bauernsohn

- der Karfunkel als Symbol eines teuflischen Pakts ( und nicht- wie in vielen
mittelalterlichen Texten - als Symbol für Christus als Licht der Welt!)

- die Verkleidung des Grünrocks als Kapuzinermönch

- die Ähnlichkeit des warnenden Knaben mit dem Schutzgeist in kindlicher
Engelsgestalt im Puppenspiel

- die siebenjährige Dauer des Vertrags im "Carfunkel" als Entsprechung der
Vertrags-Verlängerung nach 17 Jahren um weitere sieben Jahre im Volksbuch.

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