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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
56.1994, Heft 2.1994
Seite: 212
(PDF, 60 MB)
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VII

Das schreckliche Ende - Erzähltechniken Hebels
Das lasterhafte Leben nimmt seinen schrecklichen Lauf.

Die Verführung durch den Grünrock zum Kartenspielen. Fluchen und Saufen wird
teils durch den Erzähler summarisch zusammengefaßt, teils in knappen Dialogen
zwischen Michel und dem Grünrock veranschaulicht.

Zahlensymbolische Bezüge - wie in der Bibel und in Märchen - gliedern darüber
hinaus die gesamte Erzählung:

Vier Karten zieht Kätterli im Traum, - ein vierfacher Untergang erfüllt die
Prophezeiung. Sieben Kreuze und sieben Jahre dauert der Abstieg ins Verderben.
Während die Sieben im Volksglauben seit jeher Unglück bedeutet, erscheint die Drei
- auch im christlichen Verständnis - als Zahl der Vollkommenheit. Drei Mal erscheint
im "Carfunkel"-Gedicht ein "Chnab mir lockiger Stirnen" (Z. 80) am Fenster, um
Michel aus dem Gasthaus wegzuholen und zu retten. Die Bedeutung des Knaben
begreift sogar das einfache Mariechen. Nachdem der Vater seine Geschichte beendet
hat. sagt sie: "Und der lockig Chnab isch gueti Warnig im Gwisse." (Z. 208) Wenn sie
in der letzten Gedichtzeile bemerkt. "O, i chenn miÄtti wohl, und sini Gidanke!" (Z.
209), so ist diese Äußerung nicht mit der Schlußmoral Hebels zu verwechseln. Diese
verbirgt sich - siehe oben (S. 209) - in den Kommentaren des väterlichen Erzählers in
der Binnengeschichte und beinhaltet kritische Bemerkungen gegenüber der starren,
patriarchalischen Männerwelt.

Im dreimaligen Klopfen des Knaben mag auch jene Bedeutung aus dem Neuen
Testament mitschwingen: Michel als neuer Petrus, als Christus-Verleugnen "Ehe der
Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen" (Matthäus 26,75)! Doch Michel geht
nicht hinaus und weint auch nicht bitterlich, sondern geht seinen gottlosen Weg zu
Ende.

Nach der Mißachtung der dreifachen Warnung erfährt Michel (und der Leser)
endlich den wahren Namen des Grünrocks: Vizli Buzli.

Der Name "Vizli Buzli" ist für uns ein weiteres Indiz dafür, daß Hebel im
"Carfunkel"-Gedicht Anleihen aus dem Faust-Puppenspiel genommen hat: Wir
begegnen Vizli Buzli dort im l. Auftritt des 2. Aufzugs als dem Geist, der "so
geschwind wie die Schnecke im Sande ist." (In Friedrich Müllers Faust-Fragment von
1776/78 führt Vizli Buzli als Hofspaßmacher zu Beginn des Dramas ein längeres
Gespräch mit dem Teufel Berlicki.)

Bereits Götzinger hat in seiner Ausgabe der "Alemannischen Gedichte" (1873. S.
63) daraufhingewiesen, daß "buzli" ein weitverbreiteter Gespenster- und Teufelsname
(z.B. B utzemann) ist und dieser oft als ein Mann dargestellt wurde, der seinen Hut
tief in die Stirn drückt oder bis über die Augen hereingezogen trägt. (Ludwig Richter
hat diese Charakterisierung in einer "Karfunkel"-Illustration offensichtlich übernommen
.) Nach der Eroberung Mexikos im 16. Jahrhundert wurde diese Bedeutung durch
die Popularisierung des mexikanischen Gottesnamens "Huitzilupochtli" zu "Vizli-
Buzli" noch erweitert.

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