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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
56.1994, Heft 2.1994
Seite: 214
(PDF, 60 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-02/0216
Ab diesem Moment kann der Weg Michels - fast wie in der klassischen Tragödie
- nur noch in die Katastrophe führen. Die Stationen dieses Weges gestaltet Hebel mit
vielfältigen sprachlichen und erzählerischen Mitteln.

Der Darstellung von Zeit kommt dabei im zweiten Teil des Gedichtes eine
zentrale Bedeutung zu. Einerseits rast die Zeit im Zeitraffertempo dahin: "'s Chind
verwildert, 's Güetlischwindet, Acker um Acker/chtamtan Stab und d' Frau vergoht
in bittere Throne." (Z. 115 f.). andererseits werden die entscheidenden Momente
drastisch geschildert: Während Kätterli in Todesahnungen betet, "schnellt der
Michel d' Thür uf, und fürchterli schnauzt er: / "Hülsch au wieder, du heschs nöthig.
falschi Canali!/Sur-Chrut choch mer!" 's Kätterli seit: " 's isch niene ke Füürmeh."
/ "Sur-Chrut willi! Lueg i dreih der 's Messer im Lib um. "- / "Lieber hüt, as mom!
De bringsch mi untere Bode / ei Weg wie der ander, und 's Biiebli hesch mer scho
g mordet." (Z. 140 ff.)

Der Doppelmörder Michel will fliehen. Hebel verkürzt jetzt "atemlos" die Sätze:
"Jez der Michel fürt, vom schnelle Schreken ergriffe, / lauft ins Feld, der Bode
schwankt, und 's raßlet im Nußbaum." (Z. 150 ff.) Der Sarkasmus der diabolischen
Sprache wird zu einem Höhepunkt geführt: Nach dem Geständnis Michels
"D' Käth'ri hani verstoche" (Z. 154) fragt der Grünrock menschenverachtend
zurück: "Isch das alles?" (Z. 155) und rät zur Flucht über den Rhein, die wiederum
im Wirtshaus endet. In deutlicher Anlehnung an biblische Motive sowie das
Wächterlied aus dem Faust-Puppenspiel wird vom Erzähler dreimal der mitternächtliche
Glockenschlas erwähnt. Die Zeit steht still. Die Frist für Michel ist abgelaufen.
Voller Spott fordert Vizli Buzli Michel auf: "Michel, chumm iezfiirt, der Wirth würd
wellen ins Bett goh! / 's chömme hüt viele Gast, sie hen el lustige Fyrtig." (Z. 179 ff.)
Nun ist Michel aus der christlichen Gemeinschaft endsültis ausgeschlossen! "Mit

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ängstlichem Bebe stoht er uf, und seit ke Wort, und goht mittem Buzli, vornen a der
Grün, und an de Ferse der Michel. / wie ne Chalb im Metzger folgt zur bluetige
Schlachtbank." (Z. 185 ff.) Der Teufels-Kreis schließt sich: "es stoht kei Sternli am
Himmel! /(...) 's goht kei Luft, es schwankt kei Nast, es rüht sie ke Läubli" (Z. 190
ff.) - eine leb-los erstarrte Welt!

Der Erzähler-Vater schließt nun die Rahmenerzählung, indem er auf die Einleitung
seiner Geschichte verweist (Z. 21 ff.): "dort lit er/" mit sim Ring im Dorneghürst, wo
d'Trostle tut singe." (Z. 201 f.)

Vor allem der Schlußteil der Binnen-Erzählung hat Ähnlichkeiten mit Hebels
Gedicht "Die Vergänglichkeit" aus den "Alemannischen Gedichten", in dem ebenfalls
der Ätti derjenige ist. der (dem Bueb) die Welt erklärt. Während im "Carfunkel"
"nur" der Untergang von drei Menschen geschildert wird, geht es in "Die Vergänglichkeit
" um das Welt-Ende! Heißt es im "Carfunkel" "'s warnet scho ufZwölfi. (...)
Michel, es endet!" (Z. 167 f.), finden wir in "Die Vergänglichkeit" diese Sätze ins
Überdimensionale gesteigert: "(...) mit der Zit verbrennt die ganzi Welt. / Es goht e
Wächter us um Mitternacht. / e fremde Ma. me weiß nit. wer er isch. / er funklet, wie
ne Stern, und rüeft: "Wacht auf! / Wacht auf. es kommt der Tag!" - Drob rötet si / der
Himmel, und es dundert überal".

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