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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
56.1994, Heft 2.1994
Seite: 220
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-02/0222
Unter dem Blickwinkel des "Carfunkel"-Gedichts von Hebel können wir diese
Szene so verstehen: Während bei Hebel Karfunkel und Teufel eindeutig negativ als
nach außen glänzende, aber im Kern kohl-schwarze Elemente gesehen werden,
erscheinen sie in Goethes Laboratoriums-Szene (nicht im gesamten "Faust") im
Zusammenhang mit "Prozessen", "menschlicher Schöpfungskraft". "Genialität" und
"Leben". Nicht mehr die christliche Moral, sondern naturwissenschaftlich-aufgeklärtes
Denken bildet die Grundlage dieser Szene.

Dem "Duo" Karfunkel/Faust begegnen wir im 19. Jahrhundert noch einmal, in
Joseph Viktor von Scheffels "Maulbronner Fuge":

Während im klösterlichen Speisesaal kräftig gebechert wird, erscheint der mahnende
Abt Johannes Entenfuß: "Laßt ab. ihr stört den Doktor Faust im Gartenturm
dahinten: / wenn solch ein Singsang zu ihm braust, kann er kein Gold nicht finden!"
(...) Der Faust saß rückwärts an der Wand und trank vergnügt im Dunkeln: / nun ließ
der blasse Nekromant sein Glas am Licht karfunkeln / und sprach: "Ich brüt schon Tag
und Jahr am schwarzen Zauberbuche / und merk erst heut, ich bin ein Narr, daß ich
das Gold dort suche".

Scheffel verwendet - wie Goethe und viele vor ihm - "dunkel" und "Karfunkel" als
Reimwörter (hier in der seltenen Verbform). Das Glas aber ist nicht (mehr) Laborgerät
, sondern Trinkgefäß. So können wir die "Maulbronner Fuge" einerseits als
Fortführung oder Variation von Hebels "Carfunkel"-Gedicht lesen, andererseits auch
als Goethe-Parodie.

Eine weitere - romantische - Variante des Karfunkel-Motivs darf nicht versessen
werden: In E. T. A. Hoffmanns Märchen "Der goldene Topf erzählt der Archivar
Lindhorst (in der 3. Vigilie) die Geschichte seiner Vorfahren, u.a. die phantastische
Episode seines Bruders, der die Familie verlassen hat und "unter die Drachen"
gegangen ist. "Jetzt hält er sich in einem Cypressenwalde dicht bei Tunis auf. dort hat
er einen berühmten mystischen Karfunkel zu bewachen, dem ein Teufelskerl von
Nekromant (...) nachstellt". - Noch einmal haben wir hier ein Indiz für das Fortleben
der Motiv-Verknüpfung von Fremdheit. Mystik. Karfunkel und Teufelei.

In eigenwilliger, aber unverkennbarer Tradition des Hebeischen "Carfunkel"-
Gedichts steht auch das Gedicht "A wil's nich gehat han" des schlesischen Schriftstellers
Karl von Holtei (1798-1880): Dort geht es um einen jungen Mann, der "zu viel
uf em Kerbhulze" hatte, "in sei Unglücke nei(rennte)". ein liederliches und sündiges
Leben führte und sich von seinem Freund sagen lassen mußte: "Und do gih Deinen
Weg uf a Höllenfuhl zu! / Ja ich saeh Dihch schund broten. Du Nischtegutts Du! / Ja
ich saeh schund a Teufel, wie a kimmt und dich hult, / Und ihch hier' Dich schund
plaeken: "Ock a Brünkel Geduld / Allerschienster Herr Teufel. - daß ihch bessern
mihch kan!" ... / Oder där wil's nich gehat han." Holteis Schlesische Gedichte von
1830 sind von Hebels Alemannischen Gedichten angeregt worden. Holtei schrieb als
Prolog seiner Sammlung "An a Hebel": "Dihch. Du seltsamer Man. hatt' ihch im Sinne
und Harze. / Weil ihch der wullte partu a Briefel wullt ihch Der schreiben, / Und do
wullt ich Der schicken de ganzen schlaeschen Getichte: / Wullte sprechen zu Dir: a
Häbel bist De gewaesen / Für die Liederle hie! Denn nimmermeh hätt 'ihch gesungen

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