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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
56.1994, Heft 2.1994
Seite: 336
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-02/0338
Am 3. Mai 1791 zog der Pfarrer Philipp Jakob Herbst von Tegernau nach Steinen um.
Er ahnte noch nichts von den schlimmen Zeiten, die ihn dort erwarteten. Eine stattliche
Kolonne bewegte sich von Tegernau im Kleinen Wiesental her zur Gündenhauser

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Wiesebrücke. In zwei Kutschen saßen das Pfarrerehepaar, die Großmama und die vier
Kinder. Dahinter kam das Gesinde und das Pfarrvieh. Dann die Vertreter von Tegernau,
die nun Abschied nahmen. Von der andern Seite nahten 20 Reiter von Steinen: Der Vogt,
die herrschaftlichen Beamten, die Stabhalter, die in den Filialorten Höllstein. Hüsingen
und Hägelberg bestimmten, die Richter, die zusammen mit dem Pfarrer das Ortsgericht
bildeten, die Kirchenrüger, die für die Ordnung des Gottesdienstes zuständig waren, die
Schaffner, die Verwalter des öffentlichen Ortsvermögens, der Förster und der Schulmeister
; dazu der Schaffner von St. Blasien, der den Kirchenzehnten einzog - er war der
einzige Katholik in der Vogtei: dazu gesellten sich die Wirte. Es war ein feierlicher
Einzug in Steinen. Die Glocken läuteten, und die Leute standen dichtgedrängt an der
Straße. Die Schulkinder sangen. Das Pfarrhaus war bekränzt. "Es war ein schöner
Aufzug", schreibt der Pfarrer, der jetzt den Ort Steinen und die Filialorte Höllstein.
Hüsingen und Hägelberg zu betreuen hatte. Das Pfarrhaus, ein freistehendes hochgieb-
liges Gebäude, ist im Jahr 1570 erbaut worden. Es war geräumig, aber ungemütlich,
umgeben vom Friedhof, den Wirtschaftsgebäuden und dem Pfarrgarten. Da befanden
sich eine riesige Zehntscheuer, ein großer Stall und die Wohnung des Schaffners sowie
der Knechte und Mägde. Im Stall stand der Zuchtstier der Gemeinde, denn der Pfarrer
hatte ihn zu verköstigen. Auf dem großen Kornspeicher trieben die Mäuse ein geselliges
Leben. Als man die Decke der Wohnstube abbrach, fiel eine Menge ausgefressener Spreu
herunter, so daß man 15 Maltersäcke in den Hof tragen mußte. Es gab manche
Umbaugedanken. Zuständig dafür war der st. bläsische Propst, der im Schloß Bürgeln
wohnte. Er besichtigte die Baumängel und genehmigte alle Renovierungen, denn noch
war Frieden im Land. Im Februar 1792 begannen die Bauarbeiten, und im Juni des
gleichen Jahres waren sie beendet.

Trotz aller Höflichkeit und Freundschaft zwischen dem Pfarrer von Steinen und
dem Propst von Bürgeln kam es zu einem Prozeß gegen das Kloster St. Blasien. Es
ging um den Besoldungswein, der dem Pfarrer von Steinen zustand. Er mußte ihn
jeweils in dem Dorf Weil abholen, wo eine große Kelter stand. Der Wein schmeckte
abscheulich und war ungenießbar. Alles, was man dort nicht haben wollte, goß ein
betrügerischer bläsischer Schaffner in ein besonderes Faß, das "Kompetenzfaß".
Bevor die bezugsberechtigten Pfarrer dann zum Abholen des Weins ankamen, ist
dieser mit Macht durcheinandergerührt worden, so daß er unmöglich gekostet und
beurteilt werden konnte. Pfarrer Herbst füllte eine Flasche mit der Brühe und schickte
sie nach Lörrach, wo ein vereidigter Küfermeister die Ungenießbarkeit feststellte.
Der Streit ging hin und her - 5 Jahre lang. (In Karlsruhe liegen bis heute dicke
Aktenbündel darüber.) Schließlich wurde ein Vergleich geschlossen: Der Pfarrer von
Steinen erhielt 60 Gulden Entschädigung und sollte den Wein künftig direkt an der
Trotte fassen.

Wie die eigenen Angelegenheiten betrieb Pfarrer Herbst auch die amtlichen Dinge
in seinen vier Dörfern mit Umsicht und Tatkraft. Er klagt über viel Wirtshaussitzen.

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