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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
56.1994, Heft 2.1994
Seite: 344
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1994-02/0346
Rheintal entspann sich ein unheilvoller Kleinkrieg. Es gab Vorpostenkämpfe zwischen
den Franzosen und den Kaiserlichen, was für die Bevölkerung verhängnisvoller
war als eine große Schlacht. Offiziell war das Wiesental frei von Truppen, da es als
"neutrales" Gebiet zwischen beiden Parteien lag. Doch es fanden unzählige Scharmützel
und Überfälle statt, und die Dörfer mußten ihr Vieh und das Futter, ihr Gut und
Geld, ihre Wagen und Pferde, die Fuhrknechte und Bauern den Österreichern und
Franzosen zur Verfügung stellen. Wenn sie einer Seite geliefert hatten, rächte sich die
andere. Wie zwei Blutegel saßen die beiden Armeen an den entgegengesetzten Enden
des Tales, das von aller Welt abgeschnitten war. Das Tagebuch erzählt: "Heute nacht
um 2 Uhr marschierten hier 8000 Franzosen durch. Die Türen sind verschlossen und
die Läden verrammelt und die Mannsleute stehen bereit. Abends 5 Uhr kamen sie
wieder in größter Unordnung. Den Räubern gleich suchen sie, in die Häuser
einzubrechen". Ein anderes Mal schreibt Pfarrer Herbst: "Die meisten der Durchziehenden
waren besoffen, drangen mit Gewalt in die Häuser ein, reißen den Leuten die
Schuhe von den Füßen und verlangen mit Gewalt Speck. Selbst die Offiziere konnten
nichts mehr ausrichten. In Hausen wurde überall geraubt, gefressen und gesoffen".
Gewalttätigkeiten und Verbrechen waren an der Tagesordnung. Die Soldaten bekamen
keinen Sold mehr und keine Verpflegung, und so raubten sie, was sie konnten.
Einmal wurde das Weitenauer Kloster überfallen und alles Geld und alle Wertsachen
geraubt. Auch das Pfarrhaus in Steinen war immer wieder in Gefahr. Es ist kein
Wunder, daß das wirtschaftliche Leben total darnieder lag. Die Keller der Bauern
waren leer, und in den Wirtschaften wurde nur noch Bier ausgeschenkt. In Zell und
Kandern entstanden damals die ersten Brauereien. Pfarrer Herbst schreibt im Herbst
1799:" So traurig wie jetzt war es noch nie. Früher konnte man wenigstens noch nach
Basel fahren. Trotz der Einquartierung und den Fronden war noch Geld unter den
Leuten. Aber jetzt ist alles dahin".

Gegen Ende des Jahres 1799 wurde es ruhiger. Als das Jahrhundert zur Neige ging,
läuteten in allen Dörfern trotz des lauernden Krieges die Glocken. Es hatte den
Anschein, daß die Kämpfer und ihre Vorgesetzten des Krieges müde wären. Hin und
wieder verbrüderten sich einzelne Gruppen, aber an Ostern 1800 ging der Krieg von
neuem los. Zum vierten Mal griffen die Franzosen an.

Hier endet das Tagebuch unvermittelt. Noch 6 Jahre hat Philipp Jakob Herbst in
Steinen gelebt, aber seine Gesundheit war dahin. Am 24. April 1806 ist er gestorben.
Insgesamt 23 Kriegsjahre mußten das Wiesental und das badische Oberland damals
über sich ergehen lassen.

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