Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
57.1995, Heft 1.1995
Seite: 99
(PDF, 34 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1995-01/0101
Staatsformen nicht einfach exportieren und dann militärisch dekretieren, es brauchte
in diesen Schwesterrepubliken immer auch Leute, die sie ins Werk setzten. Es war
nicht auszumachen, ob die jeweiligen Bürger, die einen solchen Staat forderten, in
erster Linie Franzosenfreunde und erst in zweiter Linie Republikaner waren, oder ob
sie für die Verwirklichung ihrer republikanischen Pläne - ob sie das wünschten oder
nicht - auf die militärische Hilfe Frankreichs angewiesen waren. Unzählise und zum
Teil sehr dramatische persönliche Konflikte der Generation zwischen 1790 und 1800
liegen hier verborgen.

Die süddeutsch-schweizerische Republik

In diesem Kontext ist der Plan zu einer schwäbisch-schweizerischen Republik zu
verstehen. Sie hat keine Geschichte gemacht, weil sie nie Wirklichkeit wurde und weil
sie als bloßes Projekt sowohl für die deutsche wie für die schweizerische Geschichtsschreibung
über den Rang einer interessanten Hypothese oder - je nachdem - nur
absurden Episode nicht hinauswuchs. In der Schweiz überdeckten die Ereignisse von
1798 (Helvetik *) und 1803 (Mediation **) mit ihren kriegerischen Vorgängen diese
Spielanlage und die Erinnerung an sie: in Deutschland hatte man Mühe genug, dem
Randphänomen der Mainzer Republik gerecht zu werden, das große Thema wurden
nachher die Befreiungskriege. In der Schweiz verdrängte der Stolz über den Bundesstaat
von 1848 die Schmach der Helvetik und Mediation; eine republikanisch gesinnte
deutsche Geschichtsschreibung konnte verläßlich nur an das Jahr 1848 anknüpfen.
Aus gesamtdeutscher Sicht wirkten süddeutsche Jakobiner lange Zeit (und eigentlich
bis in die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts) eher exotisch.

Sie aber sind es. auf deren Konto nicht nur das Projekt einer schwäbisch-schweizerischen
Republik, sondern noch ganz anderer Republiken zu verbuchen ist. Jakobinisches
Denken war nicht allein französisches Denken, die späte Aufklärung
drängte im politischen Raum auf den Jakobinismus zu. dieser war international. Die
süddeutschen Jakobiner sind darum immer im Zusammenhans mit ihren elsässischen
und schweizerischen Gesinnungsgenossen zu sehen. Das Gebiet am Oberrhein war
geistig eine gemeinsame und nach allen Seiten durchlässige Region, deren Zentren
unten bei Straßburg und oben bei Basel lagen. Als Angelpunkt und Drehscheibe aber
war Basel nicht nur das steife Ratsherren-Basel, die Humanisten- und Gelehrtenstadt,
die Hochburg der reichen Seidenband-Fabrikanten, auch nicht das fromme und
pietistische Basel, sondern das Basel der funktionierenden Postverbindungen, der
leichten Grenzübertritte, der ausschwärmenden Handlungs-Commis. der erfindungsreichen
Typografen. der durchreisenden Agenten und Spione und eine Stadt, die als
Nachbar aus nächster Nähe die Revolution im Elsaß erlebt hatte.

* Die Zeit von 1798 - 1802 wird in der Schweiz als ..Helvetik" bezeichnet, weil damals unter
französischem Druck der Einheitsstaat der ..Helvetischen Republik" errichtet wurde.

** 1803 vermittelte Napoleon der Schweiz wiederum die Form eines Staatenbundes, der bis 1813 Bestand
hatte (Mediation = Vermittlung eines Staates in einem Streit).

99


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1995-01/0101