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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
57.1995, Heft 1.1995
Seite: 124
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1995-01/0126
Von einer Sukkoh im eigenen Haus machte nun zu meiner Zeit meines Wissens
niemand mehr Gebrauch. Vielleicht hatte das damit zu tun. daß in unserer jüdischen
Gemeinde nur noch ganz wenige Kinder lebten, außer mir eigentlich nur noch meine
beiden Cousins und noch ein Mädchen, und es den vielen alten Leuten einfach zu
beschwerlich wurde, für sich selbst eine Sukkoh herzurichten. Für uns Kinder
jedenfalls waren die Tage von Sukkohs eine schöne Zeit, wo wir auch mal exotische
Früchte bekamen, hauptsächlich Johannisbrot. Aber was für uns damals exotische
Früchte waren, sind heute für die Kinder Alltäglichkeiten!

Am letzten Tag Sukkohs ist „Simchas Thora", übersetzt heißt das „die Freude der
Thora". Da wurde die Jahreslesung der Thora im Gottesdienst beendet und wieder für
ein weiteres Jahr von vorne begonnen. An diesem Festtag, an dem man auch Lulav
und Esrog, das ist ein Palmwedel und eine Citrusfrucht, in den Händen hält und
schüttelt, hat man alle Thorarollen aus dem Aron Hakodesch. der Heiligen Lade,
herausgenommen und in festlicher Prozession in der Synagoge herumgetragen, die
Männer im Frack und Zylinder, wie immer an Festtagen, und natürlich trugen auch
alle ein Talliss, einen Gebetsschal.

Das nächste Fest war nur ein „kleines", Channukah, das Fest der Lichter, in
Erinnerung an die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem nach der geglückten
Makkabäererhebung gegen die Griechen im Jahr 168 vor Beginn unserer Zeitrechnung
. Das Fest dauert acht Tage, und an jedem Tag zündet man ein Licht mehr an. bis
am achten Tag alle Lichter brennen. Für dieses Fest hat man eine besondere Menorah
mit acht statt sieben Armen oder Lichtern: die unsrige war ein aus Blech hergestelltes
„Channukah-Eisen", so hieß es volkstümlich in Müllheim.

Die Zeremonie ist dabei recht einfach, jedoch sehr feierlich. Man sagt zwei
Segenssprüche, zündet die dem Tag entsprechende Anzahl von Lichtern an. und dann
wurde gemeinsam von der ganzen Familie der „Moaus Zur", „Schutzwehr und Fels",
ein traditionelles Lied, nach einer alten Melodie gesungen. Meine Mutter kam meist
erst abends um sieben Uhr von ihrem kleinen Farbengeschäft heim, und da wurde
natürlich mit der Zeremonie auf sie gewartet. Ich kam dadurch oft in den Genuß, sie
zweimal am Tag mitmachen zu können, denn nachmittags war ich oft auch bei
meinem Onkel. Er hatte natürlich auch ein Channukah-Eisen. aber es wurde nur von
ihm und meinem Cousin Wolfgang benutzt. Wir anderen, das waren außer mir noch
zwei Lehrlinge, die auch beim Onkel wohnten, nahmen einfach Weihnachtskerzen,
die wir auf ein Brettchen stellten. Manchmal waren bis zu fünf oder sechs Männer oder

Farben, Lack«., Plusul

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Tolefuu Ng. 4U

Abb. 5: Firmenstempel von Laura Müller-Zivi,
der Mutter des Verfassers

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