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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
57.1995, Heft 1.1995
Seite: 140
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Auch zum Werk des Malers Gustave Courbet (1819-1877) hatte Marie Luise
Kaschnitz eine besonders intensive Beziehung. Schon 1938 hatte sie in ihrem
Tagebuch notiert: "Eine Biographie Courbets müßte geschrieben werden" m. Drei
Jahre später machte sie sich selbst an diese Arbeit, und 1961 erklärte sie in einem
Interview: "Ich habe unmittelbar vor dem Krieg eine Gesamtausstellung des Malers
Courbet in Paris gesehen, und sein Verhältnis zur Natur hat mich fasziniert. (...) Bei
der Arbeit an dem Courbet-Buch hat mich auch Courbets politische Auffassung, die
eines reinen und freiheitsliebenden Menschen, interessiert, auch sein ganzes einfältiges
Wesen, was mit einer so enormen Kraft des Sehens und des Bildens Hand in
Hand gegangen ist" ,3). So läßt sich Kaschnitz' Roman-Biographie einerseits als
"stiller Widerstand" gegen das Hitlerregime lesen, andererseits aber auch als Vorwegnahme
einer neuen, realistischen, politisch bewußteren Seh- und Schreibweise der
Autorin selbst. Bezeichnenderweise erschien die 1950 erstmals publizierte Courbet-
Biographie seit 1967 unter dem Titel "Die Wahrheit, nicht der Traum."

Und wenn Marie Luise Kaschnitz in ihrem Tagebuch bei den neuesten Bildern von
Klee und Picasso bemerkt, daß diese "tapetenartig, nicht mehr märchenhaft-magisch"
seien, charakterisiert sie damit erneut auch ihren eigenen Stilwandel, der sich in der
Nachkriegszeit vom Märchenhaft-Magischen abwandte. Bei unserem letzten "Ort"
werden wir einen weiteren Beweis für diese Behauptung finden.

Ort 5: Das Antikenmuseum

Unser literarischer Kaschnitz-Pfad endet im Antikenmuseum. Als Frau des Archäologen
Guido Kaschnitz von Weinberg beschäftigte sich die Autorin schon in den
30er Jahren mit der Antike und der griechischen Sagenwelt. 1944 erschienen ihre
"Griechische Mythen" als " Aufzeichnung(en) der großartigen und tragischen Befreiung
des Menschengeistes von der Urnatur" (Vorwort, I, 571). Am 25.8.46 notierte
Marie Luise Kaschnitz in ihr Tagebuch: "Vormittags kurz bei Annette Kolb. (...) Über
meine 'Griechischen Mythen': in 'Eos' und 'Niobe' findet Annette zu viele Adjektive,
einen zu romantischen Stil, die andern seien herber, strenger, klassischer". Im
Nachwort der Neuauflage von 1972 distanzierte sich Marie Luise Kaschnitz von
ihrem Werk: "Erst nach dem Zweiten Weltkrieg habe ich mich aus dem Bann der
Mythologie und dem der südlichen Landschaft gelöst und mich der Gegenwart und
den Menschen unserer Tage zugewandt" (I. 690). Erneut finden wir hier eine
Bestätigung, daß die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg - und damit auch die Zeit
ihres Basel-Aufenthalts - einen Einschnitt im Schaffen von Marie Luise Kaschnitz
bedeuten.

Zu den Verehrern ihres Werkes gehört Karl Schefold, der große Basler Archäologe,
der heute noch im Antikenmuseum arbeitet und mir im Sommer 1994 von der Autorin
und ihrem Mann erzählte. Für Schefold bedeutete der Besuch der "bescheidenen und
gescheiten, verständnisvollen und gütigen Persönlichkeit" eine freudige Begegnung
mit einer deutschen Freundin, deren politische Einstellung seiner eigenen vergleich-

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