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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
57.1995, Heft 2.1995
Seite: 52
(PDF, 32 MB)
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rühmt und die Schöpfung, unterwirft es uns dieser Macht, gebietet es uns jene
Frömmigkeit, aus der es selber stammt." Uns erstaunt heute, wie wenig sich diese
idealistisch-religiöse Kunstauffassung sprachlich vom Vokabular des Dritten Reiches
lösen konnte: "eherne Forderung", "Unterwerfung", "Macht", "Gebot". Noch
fremder sind uns heute Schneiders weitere Überlegungen: "Wir fordern vom
Kunstwerk die Gegenwart himmlischer, irdischer, abgründiger Mächte. (...) Ein
Künstler, der nicht an den Teufel glaubt oder seine dämonischen Knechte, wird
die wahre Welt nicht im Bild fassen; sein Werk wird uns nicht mehr erreichen in
dieser Stunde." Auch in den folgenden Monaten erschienen in der Badischen
Zeitung immer wieder Artikel von (und über) Schneider - als Prosaautor, als
Lyriker, Kommentator und gefeierter "Prophet"12).

Doktor Faust und das Wandern:
Wiedergeburt der Klassik und Romantik

Neben seiner intensiven Beschäftigung mit dem Werk Shakespeares (BZ,
31.1.47) setzte sich Schneider vor allem mit Goethes "Faust" auseinander13'. Über
einen Faust-Vortrag in Freiburg berichtete die Badische Zeitung am 30. Juli 1946
ausführlich. Schneider habe sich "mutig der Frage nach dem Wahrheitsgehalt des
Faustbildes gestellt und eine Antwort gegeben, die zur Besinnung mahnt, ob Faust
auch Leitbild für die Zukunft sein kann. Die Lösung der Frage, die Reinhold
Schneider gab, geschah in großer Ehrfurcht vor der Dichtung Goethes." Sie bestand
in der "Kritik am faustischen Ideal, das den schuldigen Zerstörer und Verderber
der Welt verherrlicht. (..) Faust hätte sich selbst retten können, wenn er die
Botschaft der Engel angenommen hätte. Er suchte die Selbsterlösung und scheiterte
." Schneider interpretierte Goethes "Faust" religiös und verwies auf die Erlösung
Fausts durch die "Gottesmutter, die in den verborgenen Sphären den Empörer zu
Christus zurückführt." Mit dem selbstbewußten Natur- und Welteroberer und Zerstörer
gehe nun eine Epoche zu Ende, deren Beginn in die Zeit der Reformation
und Renaissance zurückführe. Mit diesen Überlegungen reiht sich Schneider in
eine Vielzahl von Autoren ein, die das Faust-Thema in dieser Zeit neu gestalteten.
Während in Freiburg Schneider seinen Vortrag hielt, war Thomas Mann in seinem
amerikanischen Exil mit der Ausarbeitung seines großen Romans "Doktor
Faustus" beschäftigt, der 1947 erschien14>. Der Roman stellt die "Leidensgeschichte
des deutschen Menschen" dar und "das schuldhafte Scheitern genialischer Natur
zwischen Musik, Schöpfertum und Wahnsinn" sowie "die unmittelbare Vergangenheit
als deutsche Endzeit."15)

Die Kritik einer Urfaust-Aufführung (BZ, 22.4.47), die besonders "Faustens
Vernichtetsein am Schluß der Freiburger Aufführung" hervorhob, bezweifelte, ob
der Urfaust Goethes "nicht zu sehr literarisches Experiment ist und nur denen
etwas bedeutet, die ihn im Geist der Vertrautheit mit der ganzen Faustdichtung zu
ergänzen vermögen". Erneut wurde das klassische Kunstwerk in "vollendeter Ge-

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