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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
57.1995, Heft 2.1995
Seite: 55
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1995-02/0057
tolt Brecht über diesen Zusammenhang geschrieben: "Immer fand ich den Namen
falsch, den man uns gab: Emigranten./ Das heißt doch Auswanderer. Aber wir/
Wanderten doch nicht aus, nach freiem Entschluß/ Wählend ein anderes Land,
dort zu bleiben, womöglich für immer./ Sondern wir flohen. Vertriebene sind wir,
Verbannte."21' Auf Döblins realistischen autobiographischen Bericht vom 22.2.46
haben wir bereits hingewiesen. Anläßlich seiner Rückkehr aus der "Babylonischen
Wanderung" und Ankunft in Baden-Baden schrieb er: "Ich bin am Ziel. Am Ziel;
an welchem Ziel? Ich wandere mit meinem Koffer durch eine deutsche Straße
(Angstträume während des Exils: ich bin durch einen Zauber auf diesen Boden
versetzt, ich sehe Nazis, sie kommen auf mich zu, fragen mich aus.)" Wieder
sehen wir: Döblins knappe Beschreibung spart politische und psychologische Beobachtungen
nicht aus, sondern benennt sie klar.221

Lyrik zwischen Tradition und Neubeginn

Unter den "Wander"-Dichtern durfte in unserer Region Johann Peter Hebel nicht
fehlen! Hebels "Wiese"-Gedicht war für Heinrich Weis 1946 (BZ. 14.5.46) Anlaß,
um in einem Aufsatz über Hebels Heimat nachzudenken, wo "der Wanderer eine
Landschaft so eigner Art entdeckt, daß, lockte nicht zu Hausen der Gedenktag des
großen Alemannen Hebel, es sich um ihrer selbst willen lohnte, die Wanderung
anzutreten." Mit der Erwähnung Hebels als Lyriker können wir unsere literarische
Wanderung fortsetzen und die Lyrik der unmittelbaren Nachkriegszeit betrachten.
Drei "Perioden" können wir dabei - im Spiegel der Kultur-Seiten der Badischen
Zeitung - beobachten.

Bis Anfang April 46 finden wir im BZ-Feuilleton fast ausschließlich Autoren
der deutschen Sturm- und Drang-Zeit, der Romantik oder des Biedermeier: Gedichte
von Herder (BZ. 15.3.46), Matthias Claudius (BZ, 8.2.46 und 1.3.46),
Joseph von Eichendorff (BZ, 5.4.46 und 2.8.46), Mörike (BZ, 22.2.46), Heine
(BZ. 15.2.46) und Fouque (BZ, 12.4.46). Wie schwer fiel es offensichtlich auch
den Lyrikern, eine Stunde Null als Neuanfang zu versuchen! Claudius' Gedicht
"Die Sternseherin Lise" und Mörikes "Gebet" waren ebenfalls in der großen nationalsozialistischen
Anthologie "Volksbuch deutscher Dichtung" (Berlin 1938) erschienen
. Erst allmählich gelang es den "Kulturträgern", nicht nur die deutsche
Tradition der Innerlichkeit fortzusetzen, sondern sich auch der Literatur des Auslands
und der Gegenwart zu öffnen. Beides geschah auf den Kulturseiten der
Badischen Zeitung im Sommer 1946. Im Mai erschienen ausschließlich Gedichte
ausländischer Schriftsteller in deutscher Übersetzung: am 3.5.46 John Miltons
"Auf seine Blindheit", in dem es zum Verhältnis des Menschen zu Gott am Ende
heißt: "Gott braucht nicht jedes Menschen Werk/ Noch seine eig'nen Gaben. Die
am besten tragen/ Sein mildes Joch, sie dienen ihm am besten./ Sein Reich ist
königlich, und Tausend eilen/ Ruhlos auf sein Geheiß hin über Land und Meer:/
Die dienen auch, die nur dastehn und warten." Eine Woche später erschien Paul

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