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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
58.1996, Heft 1.1996
Seite: 94
(PDF, 30 MB)
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bezugsfertig, und im Sommer wurden die Wandgemälde im Saal vollendet. ..Am
23. Juni hielt der Große Rat seine erste Sitzung im neuen Hause ab. und im
Anschluß daran fand eine Festlichkeit in den Räumen des Saalbaues und den
anstoßenden Hallen und Höfen statt, zu der die Behörden und alle an der Ausführung
des Baues Beteiligten eingeladen wurden. In derselben Woche wurde das
Rathaus in allen seinen Teilen während eineinhalb Tagen dem Publikum zur Besichtigung
geöffnet und von 25 000 Personen besucht." 10)

Hesses bereits erwähnte Freundschaft und Wohngemeinschaft mit dem fünf
Jahre älteren Rheinländer Architekten Jennen macht es sehr wahrscheinlich, daß
dessen Erzählungen und konkrete tägliche Arbeit auf der Baustelle den entscheidenden
Anstoß zu Hesses Geschichte gaben. Hesse berichtete in einem Brief an
seine Eltern (Basel, 22. Oktober 1899): „Meine neue Wohnung ist hübsch und hat
den Reiz einer famosen Stubennachbarschaft. Die drei Zimmer neben mir sind von
zwei jungen Architekten bewohnt, die ich kenne und liebe. Beide sind für hervorragende
Pläne und Arbeiten gotischer Bauten hier tätig, der eine davon ist der
geniale Künstler Jennen. der das neue Rathaus, prachtvoll in strenger Gotik,
macht. Sie stecken den Kopf zu mir herein, erzählen was und leihen Bücher, sehen
Bücher etc. bei mir an. und ich sehe ihre frischen Zeichnunsen und Pläne entste-
hen und genieße etwas vom Reiz des Werdensehens, das in den bildenden Künsten
eben besonders lockend ist. So wohnen drei fleißige Kunstjünger, alle drei
von Natur sehr verschieden, auf einem Boden beieinander. Jennen ist ein rechter
Künstler, genial und launisch, häufig wenn die Stimmung fehlt, müßig und dann
wieder von rapider und ausdauernder Energie. Der zweite. Herr Drach. ist lustig
und liebenswürdig und hat mich gern. Beide sind auch häufige Abendgäste bei
Wackernagels." "'In einem Brief an Helene Voigt-Diederichs (Basel. 9. Januar
1900) schrieb Hesse: „Ich sitze an einem riesigen Zeichentisch, fast zu hoch zum
Schreiben, alles ist voll von Papier. Reißzeug, Kohle. Zigarren etc. Denn ich
wohne seit kurzem mit einem Freund zusammen, dem Architekten Jennen. der
eben das hiesige Archiv vollendet hat und nun daran ist, sich durch seinen gotischen
Rathausbau einen Namen zu machen. Ein genialer und lieber Mensch, absolut
unliterarisch und künstlerisch-sinnlich, der mich liebt und wie ein zartes,
schwer zu verstehendes Kind behandelt." Mit der Mutter kommt es im März 1900
wegen Jennen fast zu einem Zerwürfnis: „Seit du mit Herrn Jennen zusammenwohnst
, kommen wir zu kurz, du schriebst früher viel mehr an uns." Postwendend
antwortete Hesse aggressiv-beleidigt: „Daß ich Ende März von dem Ungeheuer
wegziehe, wird Euch mit Freude erfüllen. Da Mama glaubt, er sei mir gefährlich
oder raube Euch mein Interesse, muß ich doch berichten, daß ich seit unsrem
Zusammenwohnen, also seit Neujahr, einen Sonntag und drei Abende mit ihm
verbrachte und ihn sonst nie länger als auf drei Worte sah. Übrigens zu meinem
Bedauern, denn er ist nicht nur ein großer Künstler, sondern auch ein herziger
Mensch." Den deutüchsten Hinweis, daß in Hesses Rathaus-Erzählung Jennen für
Niklas Pate stand, finden wir im Brief Hesses an die Eltern vom 24. September 1900:

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