http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1996-02/0111
sich erst wieder einmal in Ruhe ihrem Fachstudium widmen wollten. Ernst
Staehelin und seine Basler Partner von der akademischen Nachkriegshilfe sahen
dies schließlich selbst ein:
„Die verantwortlichen Leiter der Aktion sind sich wohl bewusst, daß wir ihnen
[den deutschen Kommilitonen] in Basel weder theoretisch noch praktisch letzte
Lösungen und Erlösungen zu bieten haben, sondern im besten Falle die Möglichkeit
ruhiger wissenschaftlicher Arbeit, geistigen Aufatmens und allgemeiner
menschlicher Orientierung."641
Als er und seine Mitschüler von der Studienmöglichkeit in Basel gehört hätten,
seien sie sofort Feuer und Flamme gewesen, erinnert sich E.H. Es ist angesichts
dieser Begeisterung denn auch wenig erstaunlich, daß der Andrang auf die wenigen
Plätze groß war. So standen zum Beispiel im SS 48 für über 200 Bewerber nur
42 Plätze zur Verfügung65'.
Die Auswahl der Teilnehmer war während der ganzen Akion stark davon abhängig
, wieviel Studienplätze die einzelnen Fakultäten der Aktion anboten. Im ersten
Semester gingen die einzelnen Bewerbungen direkt an die Fakultäten, die selbst
die persönliche Entscheide fällen durften. Aus einem Brief des medizinischen
Dekans, Prof. W. Lutz, geht hervor, daß zumindest in seiner Abteilung die Auswahl
willkürlich, subjektiv und ohne große Anzeichen von Entgegenkommen
durchgeführt wurde: Drei der vier erfolgreichen Bewerber hatten ihre Aufnahme
der Tatsache zu verdanken, daß sie Arztsöhne waren; nur ein einziger Teilnehmer
wurde kraft seines Zeugnisses aufgenommen66'.
Obwohl das Vorgehen der Mediziner wohl eher die Ausnahme bildete67), war
dieses Auswahlverfahren bedenklich. Zudem stellte es einen direkten Gegensatz
zu der von den Organisatoren mehrmals geäußerten Absicht dar. daß die Aktion
..eine Auslese von Begabten" darstellen sollte m. Am stärksten verstieß gegen
dieses Ziel die Behandlung der beiden weiblichen Bewerberinnen durch die medizinische
Fakultät. Lutz selbst erklärt ganz offen, daß er deren Bewerbungen abgelehnt
habe,
.....weil meines Erachtens für Frauen augenblicklich in Deutschland so viel
andere Aufgaben zu finden sind, dass es nicht nötig ist, dass sie jetzt auch noch
die Männer, die sowieso im Hintergrund stehen, [nicht im Fortkommen?] mit dem
Fortkommen konkurrenzieren."69)
Die Bedeutung dieser einzelnen Stellungnahme wird durch folgende Bestimmung
erhöht, welche die Basler Organisatoren im Mai 1948 den Statuten der
Aktion hinzufügen wollten:
„Bei der Auswahl der Neuzuzulassenden muss darauf geachtet werden, ]...]
dass die weiblichen Studierenden nicht mehr als ein Drittel betragen."70>
Diese Beschränkung wirkt für den heutigen Betrachter (wie wohl auch für die
betroffenen Bewerberinnen) befremdend. Um ihren Stellenwert zu verstehen,
müssen wir uns aber den historischen Kontext vergegenwärtigen. In der Markgräf-
leraktion lag der weibliche Anteil stets bei 30-40%, was nach dem heutigen Verständnis
ziemlich bescheiden ist. Aus damaliger Sicht aber bedeutete dies einen
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