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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
59.1997, Heft 1.1997
Seite: 120
(PDF, 28 MB)
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Nach diesem späten triumphalen Einzug in Paris ruht Napoleon in einem 6-fachen
Sarg aus Eisen, Mahagoniholz, Blei, Ebenholz, Eiche und Porphyr. Neben 2 getreuen
Marschällen ruhen im Invalidendom auch einige Familienangehörige.

Golo Mann in seiner „Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts" zu Napoleon:
„Der große Mann gab Deutschland einen neuen Begriff von Politik, vom Staat,
von der Macht, vom Krieg, vom Erfolg und von der Größe. Der Napoleon-Mythos
hat in Deutschland kräftiger geblüht und wirksamere Folgen gehabt als in Frankreich
selber. Den Franzosen galt der Kaiser als der Besiegte, ein glorreicher aber
abgetaner Schädling. In Deutschland labte man sich an größerem Hasse wie an
heißerer Bewunderung Napoleons ein gutes Jahrhundert lang."

Und wie sieht unser heutiges Resümee 200 Jahre nach dem Sturm auf die
Bastille und die durch ihn ausgelöste Wende auf dem Weg zu einem neuen Europa
aus, nach all den Erfahrungen mit dem Nationalismus des 19. Jahrhunderts, dem
Sozialismus, dem Kommunismus und Nationalsozialismus?

Die drei großen Schlagworte, die Grundgedanken der Französischen Revolution
, bildeten eine einzige, wenn auch unbewußte Lüge. Sie lauteten: Freiheit,
Gleichheit, Brüderlichkeit. Von stillen Denkern philosophisch unwirklich gefaßt,
sollten sie plötzlich zu Tatsachen werden, ohne daß man den Gegensatz sah oder
sehen wollte.

Nun gibt es im Dasein keine reine Freiheit, sondern nur eine bedingte, den
Umständen gemäße, und diese vermag sich nur in der Ordnung zu entfalten. Die
fessellose Freiheit führt zur Vergötterung des Ich. zur Herrschaft des Stärksten,
Klügsten oder Verschlagensten. Sie bewirkt den Kampf aller gegen alle, die
Knechtung unzähliger.

Ebensowenig läßt sich die Gleichheit durchführen, denn die Menschen sind von
Natur verschieden. Verwirklichung der Gleichheit kann mithin nur gedankenlose
oder gewaltsame Gleichmacherei sein, ein Verleugnen vorhandener Unterschiede,
eine Vernichtung der Persönlichkeit; sie läuft aus auf Bevorzugung des Schwachen
, auf Herrschaft der Masse, auf Proletarisierung. So schön beide Begriffe sich
in Worten ausnehmen, in Wirklichkeit schließen sie sich aus, denn Freiheit bewirkt
notgedrungen Ungleichheit und Gleichheit ebenso zwingend Unfreiheit.
Dies hat der Philosoph Saint-Martin damals richtig erkannt und deshalb noch die
Brüderlichkeit hinzugefügt. Aber die Menschen sind Eigenwesen und fühlen sich
keineswegs als Brüder. Da nun brüderliche Gesinnung sich auch nicht aufnötigen
läßt, so scheiterte die Brüderlichkeit wie die Freiheit und Gleichheit. Die Unklarheit
der Grundbegriffe ist eine Hauptursache für die Verwirrung und Gewaltsamkeit
der Revolution gewesen. Anfangs glaubte man, sich nicht genug in Freiheit üben zu
können, dann suchte man die Gleichheit mit Blut und Eisen aufzuzwingen, verfiel
damit aber einer Verknechtung. weit schlimmer als sie je unter dem Königtum
gewesen, erst einer demokratischen, dann einer militärischen Knechtschaft.

Mit dieser Revolution beginnt die eigentliche Neuzeit. Die wichtigste Errungenschaft
aber ist die Befreiung des Einzelmenschen, seine Loslösung aus den Standesklammern
. Diese Umwälzung schuf Gutes und Wertvolles, aber auch schwere

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