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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
59.1997, Heft 1.1997
Seite: 149
(PDF, 28 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1997-01/0151
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Das umfangreichste und wichtigste Briefdokument Lenzens an Jakob Sarasin
stammt vom 28. September 1777. Am gleichen Tag schreibt er auch an Iselin und
Gertrud Sarasin. der er gesteht: „Ich bin ein Fremder, unstet und flüchtig und habe
soviele. die mit mir unzufrieden sind." In diesem Brief an Jakob Sarasin begegnen
wir Lenz erneut als Betroffenem politischer Zustände, den die ..bürgerlichen Unruhen
in Zürich zurückhalten. In der Tat wird der politische Himmel hier alle Tage
merkwürdiger für einen Beobachter der Menschheit." Lenz gehen mittlerweile die
Forderungen des Bürgertums zu weit: „wie es aber bei allen dergleichen Sachen
geht, daß je weiter man kommt, je weiter man hinaus will und immer glaubt noch
nichts erhalten zu haben, wenn man alles erhalten hat. so geht es auch hier. Die
Bürgerschaft - so scheint es - möchte bei nichts weniger aufhören wollen als bei
einer Revolution." Lenzens persönliche Angst nimmt zu. Er bittet Sarasin um
seiner Züricher Beziehungen willen. ..diesen Brief nicht bekannt zu machen, damit
er nicht etwa gar in einem Journal mich und alle meine Freunde rasend macht."

Auch auf dem Hintergrund dieser Ängste ist wohl Lenzens ausführliche Abhandlung
zur ..Frauenzimmerschule" zu verstehen, die in späteren Jahren in der
neugegründeten Basler Gemeinnützigen Gesellschaft immer wieder diskutiert und
teilweise auch umgesetzt wird.121 Lenz also - wie sein Zeitgenosse Pestalozzi131 -
als pädagogischer Reformer: .Jetzt. Teuerster, komme ich auf Ihre Frauenzimmerschule
. Der Himmel lasse Sie ganze glückliche Geschlechter aus dieser Pflanzung
erleben, und die schönsten Mädchen aus dieser müssen dereinst Ihr Grab mit
Rosen bestreuen!" Lenz entwirft ein ..Projekt" im Wissen, daß er ..weder im
geistigen Sinne Vater noch Mutter. Bruder noch Schwester mehr hat. kein Weib
noch Weibsart hat. und auch niemals eines erhoffen darf." Aus dieser menschlichen
Isolation heraus schreibt Lenz nun eine Abhandlung und entwirft ein Frauenbild
, das aus dem Gefühl der eigenen physischen Minderwertigkeit heraus - teils
ironisch - entwickelt wird: ..Mich dünkt, eine Frau bedarf eines stärkeren, zu mehr
Leiden abgehärteten Körpers als ein Mann. Nehmen Sie unsere meisten wohlerzogenen
gelehrten, kranken Damen in Paris, in Baumwolle eingewickelt - und die
kraftvolle Nachkommenschaft, die von ihnen zu erwarten steht. Freund, ich habe
es selbst erfahren, was es heißt, von seinen Eltern mit körperlichen Kräften ausge-
steurt zu sein, oder sich in dieser Hinsicht über sie zu beklagen haben." Lenz
bewundert die Milchmädchen in Straßburg: „Ich habe keine schlankeren, stärkeren
, gesünderen und schöneren Geschöpfe gesehen als diese!" Lenz empfiehlt, daß
mit den Bürgerstöchtern „die Kochkunst ein wenig eifriger mit ihnen betrieben
würde. Nicht daß sie einmal selbst kochen lernen, sondern daß sie alles wissen,
was zu einer guten Suppe gehört. Die richtige Temperatur der Gewürze, die Abänderung
der Gerichte nach den Jahreszeiten, die Planung zum wohlfeilsten Einkauf
sind doch wirklich die Fundamente einer guten Haushaltung, allzu oft der Gesundheit
der Eltern und Kinder und des ganzen ehelichen Glückes." Zeichnen. Architektur
. Musik. Naturgeschichte und Anatomie gehören nach Lenzens Ansicht zum

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