http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1997-02/0033
Der Tagesplan in Beuggen sah etwa folgendermaßen aus: Um 7 Uhr begann der
Tag mit einer gemeinsamen Bibelstunde für alle Hausgenossen. 8-12 Uhr war die
..große" Schule, d.h. der Unterricht für die Seminaristen und die älteren, besonders
fähigen Knaben. 13-16 Uhr fand die ..kleine" Schule für die übrigen Kinder statt.
Um 19 Uhr bekamen die Kinder ihr Nachtessen, um 20 Uhr die Erwachsenen.
Dies war die einzige Mahlzeit, die die Erw achsenen unter sich einnahmen. Um 21
Uhr beschloß man den Tag mit einer kurzen Andacht für die Erwachsenen. In der
unterrichtsfreien Zeit wurden die Knaben in den ersten Jahren zu Haus-, Feld- und
Gartenarbeiten herangezogen - täglich mußte ja auch Wasser geholt und das
Brennmaterial beschafft werden. Erst im zweiten Jahrzehnt beschäftigte man die
kleinen Knaben mit allerlei Handarbeit, wie Stroh- und Korbflechten und der
Herstellung von Bürstenwaren und Winterschuhen. Die Mädchen halfen bei der
häuslichen Arbeit, dem Kochen, Zurüsten. Waschen, Putzen. Nähen und Flicken.
Das eigentliche Anliegen Zellers war die Hinführung zum christlichen Glauben
und dessen ständige Vertiefung. Neben Pestalozzis Überzeugung, daß Erziehung
die im Kinde liegenden Kräfte wecken müsse, trat bei Zeller die Erkenntnis von
der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen.
Zeller war ein glänzender Pädagoge, ein ausgezeichneter Verwalter und Hausvater
, aber vor allem war er ein lebendiger und fröhlicher Christ. Es wurde viel
gebetet, gesungen, gepredigt, geglaubt, gehofft und gearbeitet in Beuggen. Viele
Zeugnisse seiner Freunde und Schüler, die Freundschaft Pestalozzis und nicht
zuletzt auch seine eigenen Schriften zeigen uns den außerordentlichen Charakter
dieses Mannes. Er hat die .Anstalt" Beuggen zu dem gemacht, was sie war. Sein
pädagogisches Vermächtnis legte er vor allem in dem dreibändigen Werk nieder:
„Lehren der Erfahrung für christliche Land- und Armen-Schullehrer. Eine Anleitung
zunächst für die Zöglinge und Lehrschüler der freiwilligen Armen-Schullehrer
Anstalt in Beuggen. Basel: Im Verlag des Vereins dieser Schul-Anstalt, 1827."
Seine Fürsorge galt allen ehemaligen Kindern und Seminaristen Beuggens. Von
1829 an blieb er ihnen durch das „Monats-Blatt von Beuggen" verbunden. Ihm zur
Seite, nicht weniger segensreich und geliebt von der ganzen Hausgemeinschaft,
wirkte seine Frau Sophie unermüdlich als Mutter für alle. „Sie lebte, was ich
lehrte", bekennt Zeller von seiner Frau. Auch in seinen eigenen Kindern - er hatte
zehn - und aus den ausgebildeten Armenlehrern erwuchsen Zeller treue und fähige
Mitarbeiter.
Zeller war 40 Jahre im Amt. Einen Höhepunkt der ersten Jahre bildete der
Besuch des verehrten Pestalozzi. Dieser kam am 21. Juli 1826 nach Beuggen.
blieb einige Tage und äußerte sich sehr beeindruckt von Zellers Werk. Freudentage
waren auch die Jahresfeste jeden Sommer, zu dem die Freunde aus nah und
fern anreisten. Es gab allerdings auch viele Krankheiten, die oft die ganze Hausgemeinschaft
erfaßten; und es gab Todesfälle, an denen immer wieder auch der allzu
nahe Rhein die Schuld trug. Äußere Unruhe, Einquartierung und Bedrohung
brachten die Revolutionsjahre 1848/49. Während der allgemein wirtschaftlich
schlechten und von Teuerung geplagten Jahre zwischen 1850 und 1855 hatte es
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