http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1997-02/0089
Abb. 4: Grabstein des Müllheimer Vorsängers Löwel Levi auf dem jüdischen Friedhof in Sulzburg
"Jörn Chamischa Assar be-Aw 533 nach der kleinen Zählung (4.8.1773): Hier liegt geborgen ein weiser
Mann, ein vollkommener Gerechter, der HerrArje. Sohn des Lehrers Rabbi Avigdor fia-Levi, von
Müllheim: gestorben und begraben mit gutem Namen: und er ging in seine Welt am obengenannten
Tag. Seine Seele sei eingebunden im Bund des Lebens."
12000 Gulden wurde im Jahr 1852 anstelle dieses ersten gemeindeeigenen Bethauses
eine stattliche Synagoge erbaut. Als architektonischer Vorgriff auf die
..bürgerliche Gleichstellung" der badischen Juden (1862) verlieh sie dem Selbstbewußtsein
der aus dem Schattendasein geduldeter Schutzjuden herausgetretenen
israelitischen Gemeinde weithin sichtbare Gestalt.7'
Die meisten Müllheimer Juden lebten nach wie vor vom Viehhandel. Nur wenige
von ihnen waren wohlhabend oder gar reich. Wohltätigkeitsvereine und private
Stiftungen halfen, die Not der armen Gemeindemitglieder zu lindern. Der 1837
errichteten Talmudstiftung des Beschneiders Jehuda Israel Meyer (1768-1841)
verdankte der ..Rabbinatscandidat" (1836) Salomon Rothschild aus Randegg seine
Anstellung als Gemeinderabbiner (1842).8)
Ein eigener Begräbnisplatz stand der auf über siebzig Familien angewachsenen
Gemeinde seit 1851 im damals noch unbebauten „Nußbaumboden"" zur Verfügung
, nachdem sie ihre Toten von 1717 bis 1850 auf dem jüdischen Friedhof in
Sulzburs bestattet hatte.9)
Infolge des Freizügigkeitsgesetzes von 1862 ging die Zahl der in Müllheim
ansässigen Juden von 422 im Jahr 1864 auf 209 im Jahr 1905 kontinuierlich
zurück. Bevorzugte Ziele der durch die Niederlassungsfreiheit begünstigten
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