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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 1.1999
Seite: 80
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-01/0082
Freiburg!) die Gotik. Barock wurde erst wieder ab etwa 1900 (und dann noch
einmal zwischen den Weltkriegen) als Stilvorbild geschätzt.

Auf die kulturgeschichtlichen Begründungen des Historismus bei der Stilwahl
wurde im ersten Teil dieser Arbeit kurz eingegangen. Im späten 19. Jahrhundert
spielten die entsprechenden Argumente nicht mehr die Rolle wie früher. Daß auch
jetzt noch bei der Sakralarchitektur die Gotik eine große und die Renaissance
praktisch keine Rolle spielte, ist allerdings kein Zufall. Man bediente sich jetzt
aber grundsätzlich recht frei - sehr wohl im Vollgefühl eigener Kreativität und im
Bemühen, endlich zu einer neuen, nichthistoristischen Baukunst zu gelangen - des
doch so überreichen architektonischen Erbes als Schatzkammer wertvoller Anregungen
. Die aus dieser Haltung entsprungenen Schöpfungen wurden - wie beispielsweise
das Bildmaterial der Zeitschrift „Die Architektur des XX. Jahrhunderts
. Zeitschrift für moderne Architektur"2' zeigt - bis zum Ersten Weltkrieg als
ebenso „modern" empfunden wie die wirklich zukunftsweisenden Bauten etwa
von A. Loos oder P. Behrens. Es ist für uns heute kaum nachzuvollziehen. wenn
der namhafte Kunsthistoriker Gurlitt im Jahre 1899 W'allot. den Architekten des
Reichstagsgebäudes, bereits als zukunftsweisenden ..Befreier" der Baukunst be-
wertete;'. als Überwinder der ..Stilarchitektur"! Andererseits sind wir überrascht,
wenn er im selben Kapitel geradezu prophetisch verkündet: ..Das Nüchterne von
gestern wird zum Geistreichen von morgen."

Neu war bei uns etwa ab 1900 auch das Bestreben, einen Baukörper möglichst
lebendig, gewissermaßen organisch oder - wie man will - funktional vom Raum-
Programm her zu gestalten, ihm dabei einen ..malerischen Charakter" zu verleihen,
indem man das Prinzip der Symmetrie durchbrach, unterschiedliche Fenstergrößen
am selben Bau verwendete, auf durchgehende Achsen bei Bedarf verzichtete, den
Baukörper aufgliederte und dergleichen mehr.

Der Einfluß des Jugendstils ab 1900 ist auch bei uns nicht zu übersehen, wenn
es auch schwerfallen wird, außerhalb von Freiburg und Basel wirklich ausgeprägte
Jugendstilbauten zu finden - also Bauten mit einem ins Gewicht fallenden Jugendstildekor
und/oder der Transformation wesentlicher Architekturglieder ins Organi-
sehe. Es gibt eine ganze Anzahl von relativ schlichten Wohnhäusern, die mit ihren
weich gerundeten Fenster- und Türrahmungen und einem bescheidenen nichthistoristischen
Bauschmuck dem Jugendstil nahestehen, aber weit entfernt sind von
dem. was die führenden Jugendstilarchitekten gewagt hatten.

In der breiten Öffentlichkeit wird oft so ziemlich alles, was zwischen 1900 und
dem Ersten Weltkrieg gebaut wurde, dem Jugendstil zugeschlagen. Dabei ist die
Situation in jener Zeit recht komplex. Die Impulse der nach 1900 immer mehr
Anklang findenden nationalromantischen Heimatstilbewegung und der ihr nahestehenden
Strömungen dürfen keinesfalls übersehen werden. Diese Bewegungen
sahen sich selbst im Gegensatz zum Jugendstil und trugen zu dessen Überwindung
wesentlich bei.

Angesichts des Umfangs und der Vielgestaltigkeit der erhaltenen Bausubstanz
in der hier behandelten Zeitspanne kann es im gesteckten Rahmen nicht Ziel

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