http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-01/0162
wohl kaum zu finden. Er nahm an. daß seine Landsleute im Oberland ihn wohl
verstehen würden, und hat in seiner Bescheidenheit nie daran gedacht, daß seine
Verse einmal für die gesamtdeutsche, ja sogar für die Weltliteratur von Bedeutung
sein könnten. Er lehnt sich in seiner Schreibweise an das Hochdeutsche an. wechselt
jedoch bei den gleichen Wörtern oft. wie ihm die Buchstaben eben gerade aus
der Feder fließen.
Bei Burte finden wir eine engere Anlehnung an die Aussprache. So schreibt er
zum Beispiel: Draum statt Traum. Boschd statt Post. Schdroos statt Strooß. Er
schreibt im allgemeinen ein ä, wo es gesprochen wird: aber das Wort Fäderläse,
das zwei gleich ausgesprochene, breite ä hat. finden wir als Fäderlese! ..Wäse"
wechselt mit ..Wese". und anstatt Fägge lesen wir ..Fecke". was keinesfalls so
gesprochen wird. In ..dhue" (tun) steht ein nicht gesprochenes h. Anstatt „jetze"
(jetzt) schreibt er „jeze"". dessen erstes e bei dieser Schreibweise eigentlich lang
gesprochen werden müßte. Bei ..befiehl" finden wir die hochdeutsche Schreibweise
, obwohl dieses Wort auf Alemannisch eigentlich als befi-ehl. das i also mit
nachklingendem e. gesprochen werden müßte. Ähnliche Beispiele lassen sich unschwer
finden.
..He also, was willst du denn eigentlich?" wird man mich fragen. „Was einem
Hebel und einem Burte recht ist. kann uns zweimal recht sein".
Richtig! Bei Hebel und Burte. nämlich. Aber es frägt sich, ob der Vogel Zilp-
zalp und der Spatz sich herausnehmen dürfen, was der Nachtigall und der Amsel
erlaubt ist.
Und was ich will? Ich sage zuerst, was ich nicht will:
Ich will keineswegs einen Hebel oder einen Burte kritisieren. Das kommt mir
nicht zu. Ich habe lediglich einige Feststellungen in Bezug auf ihre Schreibweise
getroffen und maße mir nicht an. zu sagen: Das ist „richtig" und jenes „falsch".
Ich will beileibe keinem alemannischen „Duden" das Wort reden oder gar einen
verfassen. Ich bin dazu weder fähig, noch fühle ich mich dazu berufen. Auch halte
ich ihn für unnötig.
Was ich jedoch will, ist folgendes:
Ich will Vorschläge machen für Richtlinien zur Schreibung des Alemannischen,
an die sich die „kleineren " Schreiber alemannischer Mundart (zu denen ich mich
in aller Bescheidenheit auch rechne) im allgemeinen halten sollten. Diese Schreibweise
soll dem Schreiber noch genügend Freiheit zu Eigenheiten lassen, der Aussprache
der Mundart möglichst gerecht werden, das von der Schriftsprache her
gewohnte Wortbild nicht mehr als nötig ändern, und für alemannische und nichtalemannische
Leser leicht lesbar sein.
Professor Adolf Sütterlin hat in seiner (wohl 1912) im Deutschen Verlagshaus
Bong & Co. herausgegebenen Gesamtausgabe von Hebels Werken eine philologisch
begründete Schreibweise des Alemannischen angewandt, die uns auch
heute noch richtungweisend sein kann. Er hat freilich zusätzliche Bezeichnungen
(Striche. Häkchen. Punkte) verwendet, die für uns nicht in Frage kommen
können.
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