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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
61.1999, Heft 2.1999
Seite: 87
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1999-02/0089
Parlamentarische Sympathien zur Unzeit
Der Fall des Lörracher Stadtvikars
Karl Friedrich Reinhard Schellenberg (1814- 1890)

Thomas K. Kuhn

Im Jahr 1883 wurde dem Karlsruher Oberkirchenrat Schellenberg von der Theologischen
Fakultät Heidelberg der theologische Doktor ehrenhalber für seine zahlreichen
Verdienste verliehen. Der 69jährige Pfarrer hatte eine ansehnliche und
überdurchschnittliche kirchliche Karriere gemacht. 1866 wurde er Dekan im Kirchenbezirk
Lörrach, stieg acht Jahre später zum Oberkirchenrat und 1877 zum
Geheimen Oberkirchenrat in Karlsruhe auf. Von 1876 bis 1890 stand Schellenberg
der Badischen Landesbibelgesellschaft vor. Diesen Aufstieg hätte Jahre zuvor
niemand erwartet, als Schellenberg 1850 von Lörrach aus unter dem Verdacht, ein
Sympathisant der Demokraten zu sein, in den Odenwald versetzt worden war. Der
„Fall Schellenber2" soll im folaenden rekonstruiert werden.

Fragt man nach der Rolle der Pfarrer in Lörrach und im Markgräflerland, so
nennt die Literatur vier Personen1 . denen man mehr oder weniger große Sympathien
für die freiheitliche Bewegung nachsagte. Doch wurde bisher noch nicht
eingehend die Haltbarkeit dieser Urteile untersucht. Bei dem Quartett handelt es
sich um die Pfarrer Christoph Friedrich Wilhelm Wagner (1804-?) aus Brombach
und Friedrich Heinrich Lammert (1805-1874)21 von Kirchen, einen ehemaligen
katholischen Priester und Dekan, der 1840 konvertiert war. Ihm warf man vor.
zum Gehorsam gegen die provisorische Regierung aufgerufen und für die Revolution
gebetet zu haben.31 Ferner wird Friedrich Ludwig Raupp (1814-1899) erwähnt
, der in den Jahren 1848/49 Pfarnerwalter in Mappach war. Er soll ..die
Kanzel zur Verbreitung revolutionärer Gesinnungen mißbraucht und zur Teilnahme
am Aufruhr aufgefordert" haben.41 In seinem Tagebuch^' wird deutlich, daß
sich Raupp selber zu den gemäßigten Freisinnigen zählte und abendliche politische
Gespräche mit Freunden pflegte. Am 14. März 1848 predigte Raupp über die
Worte ..Herr sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?" (Lukas 22.49). Möglicherweise
löste diese nicht erhaltene Predigt den sich als hartnäckig erweisenden
Verdacht aus. Raupp unterstütze die Revolution. Doch als nach dem 21. September
1848 auch in Mappach die Männer zum Wehrdienst eingezogen werden sollten
und die Kanonen durch das Dorf rasselten, ermahnte sie Raupp. nur der Gewalt
nachzugeben. Sein eigenes Gewehr hatte er vor einer Konfiszierung indes gut
versteckt. Nach der Niederlage der Revolutionstruppen in Staufen bemühte sich
Raupp um die Freilassung von sechs Gefangenen aus seinem Dorf. Das militärische
Unternehmen beurteilte er als eines der ..planlosesten, wahnsinnigsten", das
man sich denken könne. Von besonderem Interesse ist nun in diesem Zusammenhang
ein Zitat aus einem früheren Diarium6'. das Licht auf seine Position von
1848/49 wirft. Raupp fügte es in seine Lebenserinnerungen mit apologetischem

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