http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2000-01/0096
Anton Hermann Albrecht
* 5. 5. 1835 Freiburg i. Br.
f 10. 2. 1906 Dinglingen (Lahr)
Bald aber schien Albrecht alles Krankhafte überwunden zu haben. So schrieb er
eines Tages an seinen Freund. Pfarrer Georg Längin in Karlsruhe: „Meine Tage
fließen bereits so ruhig dahin wie die Wellen im Rheinstrom da unter meinem
Pfarrhaus... Abends mache ich gewöhnlich einen Spaziergang mit den Kindern,
entweder auf die Blansinger Höhe oder gegen den .Chlotze uffe', mei Alterle, das
ist eine Pracht! Die Nachtigallen schlagen, die Lerchen trillern, die Maikäfer surren
und wenn die Frösche oder Wassernachtigallen ihr Konzert aufführen, dann
machen wir kehrt und heim geht's ins Nestli. Aber jetzt, lieber Alter, ist mir der
Himmel zu blau, ich nehme Hut und Rock und fahr nach der Rheininsel hinüber,
wenn Du mit willst. Dort wachsen die Lilien wild und die Schwartenmägen ebenfalls
wild am Isteiner Klotz, nur schad. daß letztere von Jaspis sind, wären sonst
eine gute Beilage zum z'Nüni!"
Daß Pfarrer Albrecht einen kernigen Humor besaß, geht auch aus einem weiteren
Brief an Pfarrer Längin hervor. So schreibt er ihm: „Man muß heraus aus der
Höhle und wäre der Schreibstuhl im Studierzimmer noch so dick mit Pech bestrichen
. Sonne. Mond und Sterne, Fische und Vögel, Frösche und Nachtigallen.
Nußbäume und Weidenstöcke haben sich verschworen, den neuen Pfarrer von
Kleinkems zu verführen, auf daß er ein Weltmensch werde. Zum Exempel bin ich
heute Morgen um vier Uhr aus dem Bett gesprungen und ,go Blansige', rechts und
links in den Reben herumgegeistert, daß alle Schnecken vor Schrecken von den
Rebstöcken fielen. Oft darf ich das nicht tun, sonst machen sie mich zum Rebbam-
mert oder Nachtwächter!"
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