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wurde die »elevatio«, das Emporheben des Kelchs nach den Einsetzungsworten,
verwiesen ebenso »sein wunderliches Singen bei Nacht«. Den Pfarrern von Tegernau
, Steinen, Maulburg und Wittlingen wurde mehr Fleiß im Fortstudieren
empfohlen. (Diese »brüderliche Zensur« der Pfarrsynoden über jedes einzelne
Mitglied bestand noch bis in die 2. Hälfte des 17. Jh. und wurde 1719 erneut
befohlen.) Es folgten dann Beratungen über die Kirchenzucht. Auf die Klage, daß
viele Einwohner von Schopfheim unsittlich leben, auch den Gottesdienst versäumen
, versprach der Landvogt von Anwyl, die Missetäter vorzuladen, falls sie nach
wiederholtem geistlichem Zuspruch ihr Leben nicht bessern sollten. Auch erbot er
sich, der Witwe des Schulmeisters von Kandern eine Unterstützung zu verschaffen
und andere finanzielle Notstände zu beheben. Dann wurde die Synode geschlossen
.
Außer diesen etwa zweimal jährlich stattfindenden Pfarrsynoden des Generalsuperintendenten
sollten wöchentliche Disputationen, die in lateinischer Sprache
gehalten wurden, die Weiterbildung der Pfarrer fördern und sie fester in der evangelischen
Lehre gründen. In der Universitätsbibliothek in Basel befindet sich noch
ein Protokollbuch über diese Disputationen, die der Röttier Superintendent
D. Johann Jakob Grynäus von 1572-1575 in Rötteln mit seinen Pfarrern gehalten
hat und die ein Bild eines regen geistigen Lebens widerspiegeln. Allwöchentlich
am Donnerstag versammelten sich die Pfarrer der Röttier Diözese im Kapitelhaus
(vermutlich hinter der Kirche) oder in der Kirche zu Rötteln zu einer Disputation.
Es wurden jeweils Thesen aufgestellt, angefochten und verteidigt. Jeder mußte der
Reihe nach »in die Arena hinabsteigen« und seine Thesen biblisch begründen.
Obwohl es zumeist junge Theologen mit guten Kenntnissen waren, so mag es
doch für manchen, »dessen Latein etwas rostig war, jeweils ein heißer Tag gewesen
sein« (Ludwig). Aber bereichert und angeregt durch einen hervorragenden
Mann wie es Grynäus war, den Fragen des Glaubens und den Problemen der Zeit
tiefer nachzudenken, und gefördert in der Erkenntnis der biblischen Wahrheit
mögen die meisten von ihnen vom Röttier Chilft in ihre Gemeinden und in ihre
Studierstube zurückgekehrt sein.
Der starke Einfluß, den D. Johann Jakob Grynäus, nicht zuletzt durch diese
wöchentlichen Disputationen, auf die Pfarrer seiner Röttier Diözese ausübte,
brachte diese freilich auch in Gewissenskonflikte. Denn immer deutlicher entschied
sich Grynäus für die reformierte Ausprägung des evangelischen Christenglaubens
, und noch war man nicht so weit, daß Reformierte und Lutheraner friedlich
miteinander lebten oder sich, wie es dann 1821 geschah, zu einer Kirche
vereinigten. Johann Jakob Grynäus vertauschte 1575 sein Röttier Pfarramt mit der
Professur an der Universität in Basel. Hier machte er es sich nun zur Aufgabe, das
mehr lutherisch geprägte Basel dem reformierten Glauben zuzuführen und dafür
auch die Markgräfler Pfarrer zu gewinnen. Der Markgraf jedoch war lutherisch.
Wenn Sulzer auch für ein gemäßigtes Luthertum eintrat, so glaubte der Markgraf
doch, um der Einheit willen von seinen Pfarrern fordern zu müssen, daß sie das
streng lutherische Bekenntnis, wie es kurz zuvor in der sogenannten Konkordien-
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