Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
63.2001, Heft 1.2001
Seite: 106
(PDF, 68 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2001-01/0108
von 1787 unter Führung des Speziais Ernst Fr. Ferd. Hitzig, beantragt hatten. Er
wollte wegen einzelner Formulierungen in den alten Bekenntnissen kein Gewissen
beschweren und ließ es deshalb mit einer Ermahnung der Ordinanden. den Bekenntnissen
der Kirche gemäß zu predigen, sein Bewenden haben.

Und das haben die badischen Pfarrer denn auch redlich getan, nicht ihrem
Landesherrn zuliebe, sondern weil sie in den lutherischen Bekenntnisschriften die
Wahrheit des Evangeliums klar und rein bezeugt gefunden haben. Bis etwa zur
Mitte des 18. Jh. war die lutherische Orthodoxie die unangefochtene Grundlage
ihrer Verkündigung. In den folgenden Jahrzehnten wurde jedoch diese strenge
Orthodoxie gemildert, einmal durch den Pietismus, dem das reine Leben wichtiger
war als die reine Lehre, zum andern durch die »Aufklärung«, die. wenn auch in
anderer Weise, das sittsame »tugendhafte« Leben höher wertete als die »Dogmen«
der Kirchenlehre, und der die menschliche Seite des Erlösers, sein edles Vorbild,
seine »Tugend«, sein reines Leben bisweilen fast bedeutsamer war als seine Versöhnungstat
am Kreuz, die freilich nicht in Frage gestellt wurde. Gegen Ende des
Jahrhunderts gab es auch in Baden manche Pfarrer, die. ergriffen von dem neuen
Lebensgefühl der »Aufklärung«, den Menschen und die Natur optimistischer betrachteten
, als es die Kirchenlehre tat. Sie sahen im Menschen ein mit den herrlichsten
Fähigkeiten ausgestattetes Wesen und in der Natur eitel Harmonie. Es entstand
damals ein religiös-schwärmerisches Verhältnis zur Natur, der herrlichen
Schöpfung Gottes. Die Lieder, die Gottes Allmacht. Weisheit und Güte in der
Natur rühmen, wurden im Gesangbuch immer zahlreicher. Eine oft sentimentale
Gefühlsromantik drängt da und dort den nüchternen biblischen Glauben an den
Herrn, »der mich verlorenen und verdammten Menschen erlöst hat . . .«. in den
Hintergrund. Die menschliche Vernunft tritt neben die Offenbarung, da beide ja
von demselben Herrn und Gott gegeben seien. Vernünftigkeit und praktische
Nützlichkeit der biblischen Lehre, Heiterkeit. Zufriedenheit. Glückseligkeit.
Wohlfahrt. Menschenbeglückung. Tugend und redliche Pflichterfüllung im Alltag
- das waren die Ideale, für die sich nicht wenige begeisterten. So »finden wir
gegen Ende des Jahrhunderts auch in Baden in mannigfacher Verkörperung die
Gestalt des freundlich-nachsichtigen, tätigkeitsfrohen, von den Idealen des Humanismus
erfüllten Pfarrers, wie ihn die Aufklärung geschaffen hatte« (J. Schneider).

Aber der stark konservative Geist, der im alten Baden lebendig war. widersetzte
sich den Auswüchsen der Aufklärung und des Rationalismus und allen radikalen
Neuerungen. Zu sehr war die badische Pfarrerschaft wie das Kirchenvolk noch mit
der Tradition der lutherischen Orthodoxie verbunden, als daß sie sich nicht gewehrt
hätten gegen die neuen Geister, die, vor allem nach der Französischen Revolution
, das Zentrum des biblischen Glaubens bedrohten. Und Karl Friedrich und
sein »Kirchenrat« in Karlsruhe hat sie darin unterstützt und 1799 »solchen, die
einem krassen Rationalismus oder Naturalismus huldigen«, Ausschluß vom geistlichen
Amt angedroht. Und die Synoden waren mit ihm darin einer Meinung. So
auch unsere von Spezial Hitzig geleitete Röttier Synode. Sie forderte gegen den
Zeitgeist des sogenannten »Deismus« (De-ismus = natürliche Religion mit ihrer

106


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2001-01/0108