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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
63.2001, Heft 1.2001
Seite: 116
(PDF, 68 MB)
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Aber gerade dies war sehr bald der Stein des Anstoßes. Schon Ende der 60er
Jahre setzte die Kritik ein; denn inzwischen war jene Bewegung heraufgezogen,
die unter dem Namen »Gesangbuchverbesserung der Aufklärung« in der Kirchengeschichte
traurige Berühmtheit erlangt hat. Und seltsamerweise erlag auch das
sonst so konservative Baden in diesem Stück den Sirenengesängen der neuen
Mode. 1785 war das »Badische neue Gesangbuch zur Beförderung der öffentlichen
und häuslichen Andacht« druckfertig. Von etwa 1787 an wurde es als viertes
badisches Gesangbuch offiziell eingeführt. Mit seinen 531 Liedern blieb es auch
über die »Union« hinaus bis 1836 im Gebrauch. Ich besitze die Ausgabe von
1821. Aus ihr ist zu ersehen, wie schlimm sich die »Verbesserung« darin ausgetobt
hat. Sehr viele klassische Lieder des 16. und 17. Jh. waren entfernt worden, so
z. B. Luthers »Vom Himmel hoch da komm ich her . . .« und viele andere des
Reformators. Die aufgenommenen wurden alle z. T. bis zur Unkenntlichkeit
umgedichtet. Das Lutherlied »Ein feste Burg ist unser Gott . . .« beginnt jetzt
»verbessert«: »Ein starker Schutz ist unser Gott, auf den wir uns verlassen . . .«.
»Burg, Wehr und Waffen« erschienen den Aufklärern als unerträgliche Bildersprache
. Ebenso das »fröhlich springende Herz« in Paul Gerhardts Weihnachtslied
»Fröhlich soll mein Herze springen . . .«, das nun folgendermaßen lautet: »Fröhlich
laßt uns Gott lobsingen! / Hoch erfreut / laßt uns heut / ihm Verehrung
bringen . . .« Sein Adventslied »Wie soll ich dich empfangen und wie begegn ich
dir / o aller Welt Verlangen, o meiner Seelen Zier . . .« heißt nun: »Wie soll ich
dich empfangen, / Heil aller Sterblichen! / Du Freude, du Verlangen der Trostbedürftigen
! . . .« Und im letzten Vers kommt Jesus zum Weltgerichte nicht »zum
Fluch dem, der ihm flucht, mit Gnad und süßem Lichte dem, der ihn liebt und
sucht«, sondern »bringt, wenn er erscheint, Fluch jedem Bösewichte und Heil dem
Tugendfreund.« - Auch dogmatische Anstöße wurden beseitigt. Hatte Paul Gerhardt
im 4. Vers von »O Haupt voll Blut und Wunden . . .« bekannt: »Nun was du,
Herr erduldet, ist alles meine Last . . .«, so heißt es jetzt: ». . . das ist auch meine
Last.« Im 8. Vers legt der »Verbesserer« offenbar größeren Wert auf des Menschen
Treue als auf die Treue, die Jesus den Menschen hält. Statt »Ach gib, daß
ich mich halte zu dir und deiner Treu . . .«lautet es jetzt: »Ach gib, daß ich mich
halte zu dir mit wahrer Treu . . .« Und am Schluß des 9. Verses verschwindet der
Trost der »Kraft seiner Angst und Pein«. Betete Paul Gerhardt: ». , . wenn mir am
allerbängsten wird um das Herze sein, so reiß mich aus den Ängsten kraft deiner
Angst und Pein,« so bittet jetzt der Aufklärer: »Wird mirs am allerbängsten an
meinem Ende sein, so reiß mich aus den Ängsten und lindre meine Pein.« Es gilt
jetzt auch nicht mehr: »Es ist doch unser Tun umsonst auch in dem besten Leben«,
sondern: »Ich wachs in meiner Heiligung, ich spüre täglich Besserung des Herzens
und des Lebens; ich fühle durch des Geistes Kraft mich stark, getrost und tugendhaft
.« Von »Tugendhaftigkeit und trockener Moral triefen viele Lieder, die im 3.
Teil in großer Zahl neu hinzugefügt worden waren. Da soll nun z. B. gesungen
werden: »Nicht mürrisch, finster, ungesellig ist, wer ein Christ zu sein sich freut. . .«
oder: »Bescheiden, sittsam, ehrerbietig ist, wer ein Jünger Jesu ist. . .« oder in

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