http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2001-01/0224
schmerzlich in der Röttier Diözese, daß die Synoden unterlassen wurden in dieser
schlimmen Zeit, wo eine so große Veränderung sich vollzog (19.1.1584). Diese
Synoden könnten sehr wertvoll sein nicht nur zur Untersuchung der Vermögenslage
der Kirche und zur Prüfung des Wandels der Pfarrer, sondern auch zur Erhaltung
und Förderung der Eintracht unter den Brüdern, zur Prüfung in der himmlischen
Lehre, zur Vorbereitung der Prüfungen, zum Eifer und zur Energie in den
Studien. Denn das ist sicher, daß manche Geister angetrieben werden müssen, daß
sie nachlassen im Eifer, wenn man sie nicht vorwärts drängt und wenn eine feierliche
Inspektion fehlt. Daher ist es nicht zweifelhaft, daß unsere Rötteler Synoden
nun schon 3 Jahre lang nicht ohne ziemlichen Schaden unterlassen werden, was
seit der Reformation in 26 Jahren anderwärts nicht geschehen ist, auch nicht vor
jener Zeit, wie die älteren Pfarrer bezeugen können. Deshalb bitten wir, ich und
viele andere, daß Ihr nach Eurer Weisheit und Frömmigkeit erwäget und vermöge
Eures Ansehens am durchlauchtigsten Hof befürwortet, daß die Synoden wieder
hergestellt werden, die auch fernerhin - wie bisher - großen Segen haben werden.
Es bestehen, Gott sei Dank, Fonds zur Deckung der Kosten, die Einkünfte, die
dem Röttier Kapitel geschenkt wurden. Notwendig ist dieses Werk, fromm, ehrenhaft
, heilsam, nützlich, würdig."
Bei der Behandlung von religiösen Streitfragen zog er die Rede nicht weiter
hinaus als es angemessen war - wie es oft bei sehr kenntnisreichen Männern der
Fall ist, - sondern all seine Gründe erörterte er so fein, so anmutig, so treffend,
daß er nie einem Widerwillen, einzeln aber Ergötzung bereitete. Durch seine
Worte konnten solche, die in die Geheimnisse unseres Glaubens nur einigermaßen
eingeweiht waren, gründlich und genau belehrt, die anderen aber gestärkt und
gefestigt werden. Und es konnte nicht geschehen, daß aus diesen heiligen Besprechungen
einer ging, der nicht klüger, nicht besser, nicht beredter gewesen wäre.
Wenn er aber zur Sittenzensur, die nach alter Gewohnheit sich an die Synode
anschließt, überging: mit welcher Strenge tadelte er die Trägen und trieb sie an!
Mit welchem Ernst strafte der Meister der alten Sittenstrenge! Wie mild und
maßvoll war er gegen solche, die nach seiner Einsicht nur aus Schwachheit fielen,
irrten, unwissend und töricht waren. Wie lobte er die, welche ihre Pflicht treu
erfüllt hatten, die sich der Frömmigkeit, Rechtschaffenheit, Nüchternheit, Keuschheit
, Mäßigkeit befleißigt hatten, die sich die höchste Mühe gegeben hatten, ihre
Herde zu belehren, zu bessern! Die hehren Tugenden des frommen Greises sind
noch in aller Sinn und Gedächtnis. Wenn ich darüber, ohne die Mühe zu scheuen,
viele Worte gemacht habe, so soll doch niemand meinen, die Verdienste Gebhards
gegen die Kirche seien so verborgen, daß sie ausführlich und mühsam hervorgehoben
werden müßten.
Was übrigens die neulich in der Religion entstandenen Streitigkeiten betrifft, so
stand er immer auf der besseren Seite; doch beklagte er die unnötigen Spaltungen
wegen einiger abweichender Glaubensmeinungen, da es ihm nur zu tun war um
die öffentliche Ruhe und Sicherheit. Ich betone: die Wahrheit, das erste Gut des
Menschenherzens, liebte er über alles; so jedoch, daß er immer gemäßigte Maßre-
222
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2001-01/0224