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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
63.2001, Heft 1.2001
Seite: 239
(PDF, 68 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2001-01/0241
Einweihung der renovierten und erweiterten Kirche kam auch dem Pfarrhaus zugute
, das für 2 100 Mark erstmals eine Außenrenovierung erfuhr.

100 Jahre Kampf um ein neues Pfarrhaus, 100 weitere Jahre Kampf mit den
Unzulänglichkeiten und Unzumutbarkeiten des dann Erworbenen. Ein mühsames
Kapitel voller Behördenkrieg, endloser Geduld, Tragik und Not, von dem aber
Hebel in einem seiner Briefe an seinen Freund Hitzig 1812 doch - wenn auch in
der Verbrämung sichtlichen Heimwehs - schreiben konnte:

„O wie schön muß es jetzt bei euch sein, wo es immer so schön ist, und wie
ahndungs- und koseselig für den auswendigen und inwendigen Menschen in dem
schönen einzigen Tal voll Schmelen und Chettenblumen, lustigen Bächlein und
Sommervögeln, wo es immer duftet, wie aus einem unsichtbaren Tempel herausgeweht
, und immer tönt, wie letzte Klänge ausgelüttener Festtagsglocken mit
beginnenden Präludien mengelirt und verschmolzen, und wo ein jeder Vogel oberländisch
pfeift, und jeder, selbst der schlechteste Spatz ein Pfarrer und heiliger
Evangelist ist, und jeder Sommervogel ein gemutztes Chorbüblein, und das Weihwasser
träufelt unaufhörlich und glitzert an jedem Halm . . . Der Himmel lächle
heiter in euer Stüblein hinein, wo zwar selber einer ist. Aber eben deswegen."

Wer heute im Pfarrgarten oder am Fenster sitzt und hinaus- und hinunterschaut
nach dem geschäftigen Lörrach und Basel oder hinauf ins „raugig Webland" Richtung
Schopfheim, der spürt noch immer etwas von dem, was Hebel aus seiner
Karlsruher Sicht fast klassisch geschildert hat. Das hat sicher auch manchen der
dort oben residierenden Pfarrherrn mit seinem nicht immer leichten Schicksal
versöhnt.

Mit dem neuen Jahrhundert ging es denn auch langsam aufwärts. 1912 erhielt
das Pfarrhaus elektrisches Licht und Telefon, und ein Jahr später wurden Dach
und Speicher gegen die immer wieder lästige Zugluft und Kälte abgesichert. Gerade
in jener Zeit hat sicherlich Hermann Daur wesentlich mit seinen Bildern von
Rötteln dazu beigetragen, uns den Blick für die Schönheit des Chilfts zu öffnen
und dessen Bedeutung für unser Landschaftsbild im vorderen Wiesental ins rechte
Bewußtsein gerückt.

Daß für die Erhaltung dieses uns so vertrauten und lieb gewordenen Anblicks
auch dringende Hilfe erforderlich war, zeigte unter anderem auch das Jahr 1940,
als durch Abfeuern der Eisenbahngeschütze bei Lörrach Risse an den Mauern
auftraten, „durch die man ins Freie sehen konnte".

Einer, wie uns heute scheint, glücklichen Fügung verdanken wir, daß das Pfarrhaus
und mit ihm vielleicht der ganze Chilft das Kriegsende 1945 überstanden hat.
Noch im April 1945 hat sich eine Panzerabwehr-Geschützbedienung im Pfarrgarten
eingenistet, die aber nach dem Auftauchen zweier französischer Panzer auf
der Lücke am 24. April ihr Geschütz sprengte und das Weite suchte. Der Verzicht,
sich mit den Panzern auf einen Kampf einzulassen, hat sicherlich Rötteln vor dem
Schicksal von 1678 bewahrt.

Mit der glücklichen Renovierung des uns so erhalten gebliebenen Hauses kann
Lörrach wieder stolz auf eines seiner wenigen historischen Wahrzeichen sein.

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