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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
63.2001, Heft 1.2001
Seite: 260
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wohlwollenden Interesse des Landesherrn hatte schon vor Jahren die Großherzogliche
Regierung - dem Staate lag die Baupflicht ob - die Mittel in den Haushalt
eingestellt, die Landstände sie bewilligt und die Kirchengemeinde die ihr zufallende
Frohndpflicht übernommen. Inzwischen waren Jahre vergangen. Die Sache
„ruhte"; gut Ding will Weile haben. Aber jetzt fuhren eines Tages große Wagen
voll Gerüstholz hinauf zum „Chilft" und in der Kirche gings zu wie im Krieg;
Axtschlag ertönte, Staubwolken wirbelten, die alte Orgel fiel - es war nicht schad
darum, ihr Wimmern war zuweilen herzerbarmend gewesen -; die langen Emporen
sanken; es ward wüst und leer im Gotteshaus. Ärger kann's kaum gewesen
sein, als die Franzosen darin gehaust; aber diesmal war's ein Friedenswerk, noch
dazu ein höchst nötiges, das in der alten, mit der Zeit recht wenig würdig gewordenen
Kirche geschah; und was zu Glanz und Herrlichkeit auferstehen soll, das
muß immer erst leiden, untergehen und sterben. Das war auch da so. Aber denen,
die ihr Gotteshaus lieb haben, geht's doch nah, wenn's an dem Haus geschieht,
mit dem man durch viele Erinnerungen verbunden ist von Kind auf, in dem man
sich an seinen Platz gewöhnt hat, in dem man daheim ist und das man lieb hat,
wenn's auch unansehnlich ist.

Es war keine leichte Zeit, die Zeit, da wir ohne Kirche waren. Die Gemeinde
mußte sich behelfen, so gut und so schlecht es ging; es war ein fortwährendes
Wandern. Draußen im Freien hinter der Kirche waren Bänke aufgeschlagen worden
. Es hat sein Schönes, so ein Gottesdienst unter freiem Himmel, als Hintergrund
der dunkle Wald und die Ruine der alten Burg.

Himmelfahrt, Pfingsten haben wir dort gefeiert. Aber schließlich meinte es die
Sonne doch gar zu gut. Wir wanderten aus in die Schulhäuser der beiden Gemeinden
, zwischen denen der Pfarrer den Sommer über allsonntäglich hin und hergewandert
ist. Dann wieder oben in der Kirche, zur Not, die meisten stehend; Balken
, Bretter, auf denen man saß, oft beängstigende Sitzgelegenheit; lange Zeit
kein Dach über den Häuptern, ohne Fenster, aber auch ohne Kanzel, ohne Orgel.
Manche Taufe, manche Trauung ist drüben im Pfarrhaus gehalten worden, und
wenn der Samstagabend kam, wurde nach dem Wetter ausgeschaut; denn unsere
Kirche war immer noch ohne Dach.

Aber all das ist mit Gottes Hilfe auch vorübergegangen, und es hat doch auch
seinen Segen und sein Gutes gehabt. Man mußte sich behelfen, sich ineinander
schicken. Es zeigte sich jetzt, wer den Gottesdienst wirklich lieb hatte, wem der
Kirchgang ein inneres Bedürfnis war. Denn bequem war's in jener Zeit nicht, und
alles das, was sonst mit dazu beiträgt, Stimmung und Andacht zu schaffen, ein
schöner gottesdienstlicher Raum, Orgelspiel, bequemer Platz, das fehlte hier. Es war
das Allereinfachste und Primitivste, unsere Gottesdienste von damals, ohne alles
äußere Beiwerk, und doch haben wir schöne, erhebende Stunden erlebt, und treu hat
die Gemeinde in allen Schwierigkeiten ausgehalten und sich immer wieder um die
Verkündigung des göttlichen Wortes zu gemeinsamer Andacht versammelt.

Aber froh waren wir doch, als das Werk allmählich vonstatten ging. Es gab viele
Geduldsproben und nicht immer konnten alle Wünsche erfüllt werden; aber das

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