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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
63.2001, Heft 2.2001
Seite: 81
(PDF, 34 MB)
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in Hände und Füße). Wir können also in unserem Fall von einem steinernen
Gemmenkreuz sprechen. Ein Vorbild für diese Art Kreuz mit den typischen Ausbuchtungen
am Ende der Balken war für die mittelalterliche Kunst das Apsismo-
saik in San Apollinare in Classe ( 6. Jahrhundert) in Ravenna. dort ist es allerdings
ein lateinisches Kreuz. Was nun diese Darstellung aus allen anderen mir bekannten
Tympana dieser Zeit heraushebt, sind die zwei individuell gestalteten Köpfe
über den Kreuzesbalken, also an ganz herausgehobener Stelle. Der linke Kopf ist
relativ schmal mit etwas fliehendem Kinn, während der rechte Kopf ein auffallend
breites Gesicht mit sehr wulstigen Lippen hat. Beide Köpfe tragen eine Klerikerhaube
, vielleicht eine Mitra. die sie als Bischöfe oder Äbte kennzeichnen könnte.
Diese Tatsache führt Dr. Wörner zu der Vermutung, dass es sich bei den beiden
um Leodegar. den Kirchenpatron (er war Bischof von Autun). und den heiligen
Wolf gang (er war Bischof von Regensburg und wurde in Grenzach verehrt, was
eine Wolfgangskapelle bezeugt, die bis ins 18. Jahrhundert gegenüber dem Gasthaus
.Zum Ziel" stand) handeln könnte. Für den Kunsthistoriker und Stadtarchivar
von Zürich. Pietro Maggi - er hat seine Dissertation über romanische Klein-
tympana geschrieben - ist es aber außerordentlich unwahrscheinlich, dass an einer
solch wichtigen Stelle ..lokale" Heilige ihren Platz finden.

Was also könnten diese Köpfe bedeuten? Vergleichen wir mit anderen Tympana
der Zeit, so finden wir an dieser Stelle häufig Evangelistensymbole, zwei Lilien -
ein altes Christussymbol- oder auch Sonne und Mond. Sie verkörpern Tag und
Nacht und weisen auf die Verdunkelung beim Tod Christi hin. Außerdem sind sie
auch Hinweise auf die Schöpfung oder repräsentieren Christus (Sonne) und Maria
(Mond). Dabei steht die Sonne in der Regel rechts, der Mond links. Pietro Maggi.
ebenso wie Peter Schmidt-Thome (siehe Kunstführer der ev. Kirche) könnten sich
vorstellen, dass unsere beiden Köpfe allegorische Darstellungen dieser beiden
Gestirne sein sollen. Vielleicht, so Maggi. wurden diese Köpfe in späterer Zeit
umgestaltet. Zu dieser Deutung kommt er wohl, da die beiden Köpfe relativ eindeutig
als Kleriker gedacht sind. Außerdem steht der schmale Kopf rechts vom
Kreuz, der rundliche, der die Sonne bedeuten könnte, aber links, während in der
mittelalterlichen Darstellung, wie schon erwähnt, die Sonne rechts und der Mond
immer links steht. Ob diese Köpfe ursprünglich einmal Sonnen- bzw. Mondsymbole
getragen haben, wie Maggi sich denken könnte, erscheint mir relativ unwahrscheinlich
. Außerdem deuten Farbreste aus der Romanik an den Mitren darauf hin.
dass die Kopfbedeckung schon immer in dieser Form vorhanden war. Zieht man
alle die möglichen Interpretationsversuche in Betracht, so kann eigentlich keine
richtig befriedigen. Das Grenzacher Tympanon wird sein Geheimnis wohl noch
nicht so schnell preisgeben.

Interessant sind auch die drei eingravierten Kreise auf der rechten Seite des
Kreuzes, das im Mittelalter nicht als Leidenssymbol, sondern immer als Erlö-
sungs- und Auferstehungszeichen gesehen wurde. So wird zum Beispiel auf romanischen
Kruzifixen Christus meist majestätisch als Herrscher und König dargestellt
, der leidende Christus findet erst in der Zeit der Gotik Eingang in die Kunst.

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