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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
63.2001, Heft 2.2001
Seite: 119
(PDF, 34 MB)
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allen klar, dass die Franzosen vorhatten, die Kirschen in die Schweiz gegen
harte Devisen auszuführen.

Da erinnerte sich mein Vater an Gottlieb Duttweiler, den er früher als Bürgermeister
von Weil am Rhein persönlich kennen- und schätzen gelernt hatte. Es
war zumindest eine Chance zu versuchen, mit dem einflussreichen Schweizer
Nationalrat in Kontakt zu kommen. Aber wie? Ein Telefongespräch mit der
Schweiz aus Südbaden war unmöglich, denn alle Telefonate von einer deutschen
Behörde ins Ausland wurden von den Franzosen abgehört. Um Gottlieb Dutt-
weiler zu erreichen, gab es nur den Weg über eine persönliche Verbindung mit
einem Schweizer in Basel oder Riehen. Damals hatte ich ein „Laisser Passer", so
dass ich von Weil über Riehen nach Lörrach gehen konnte. Daher schlug ich
vor, den Versuch zu machen, diese private Verbindung herzustellen.

Es gab damals auf Schweizer Boden kurz hinter der Landesgrenze in Altweil
einige kleine Kolonialwarengeschäfte. Hier konnte jeder eine zollfreie Menge
Waren kaufen und nach Deutschland einführen (z.B. Mehl, Zucker, Tabak
usw.). Mit dem Inhaber eines dieser Geschäfte. Herrn Könninger, war mein
Vater gut bekannt.

Ich fuhr also mit meinem Fahrrad nach Riehen. Herr Könninger nahm mich
freundlich auf. und ich berichtete ihm von der Beschlagnahme der Kirschen durch
die Franzosen. Gleichzeitig äußerte ich die Bitte, das Telefon benützen zu dürfen,
um zu versuchen. Gottlieb Duttweiler zu erreichen, was er selbstverständlich erlaubte
. Duttweilers Telefonnummer konnte ich aus dem Telefonbuch entnehmen
und rief dann in Zürich in seiner Wohnung an. Es meldete sich seine Frau Adele,
der ich ebenfalls die Situation erklärte. Frau Duttweiler bedauerte sehr die von mir
geschilderten Vorkommnisse, sagte aber, dass ihr Mann nicht daheim sei, sondern
bei einer Parlamentssitzung in Bern weile. Sie gab mir aber die Telefonnummer,
unter der ich ihn. wenn ich Glück hätte, erreichen könnte. Ich hatte Glück. Herr
Duttweiler wurde aus der Sitzung herausgebeten, und ich konnte mit ihm sprechen
. Als er die ganze Geschichte vernommen hatte, war sein erster Ausruf: ..Das
ist ja unglaublich, was sich da die Franzosen wieder einmal leisten. Jetzt nehmen
sie auch euch hungrigen Menschen die paar Kirschen noch weg. Gehen Sie nach
Hause und sagen Sie dem Landrat. er soll sich keine großen Sorgen machen. Ich
werde die Sache in die Hand nehmen." Ich bedankte mich für sein Verständnis
und kehrte nach Hause zurück, wo ich meinen Vater über das Gespräch mit
Gottlieb Duttweiler unterrichtete.

Wir warteten dann auf die Dinge, die da kommen sollten. Und sie kamen!
Innerhalb von ein paar Stunden wurde von der Schweizer Bundesregierung eine
totale Einfuhrsperre von Kirschen in die Schweiz verfugt. Gegen diese Verfügung
konnte die französische Besatzunssmacht nichts ausrichten. Das war wirklich eine
große Erleichterung. Durch dieses Eingreifen von Nationalrat Duttweiler konnten
die Kirschen wie vorgesehen an die Bevölkerung verteilt werden.

Mein Vater hatte später Gelegenheit. Gottlieb Duttweiler persönlich für sein
großes Verständnis und seine Hilfsbereitschaft zu danken.

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