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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
63.2001, Heft 2.2001
Seite: 120
(PDF, 34 MB)
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Aber es gab noch ein Nachspiel. Denn am nächsten Tag stand plötzlich ein
bekannter Basler Obstgroßhändler vor unserer Tür in Weil am Rhein. Dieser wollte
sofort meinen Vater sprechen. Als dieser heraustrat, wurde er vom Händler übel
beschimpft: „Sie, Herr Landrat, sind verantwortlich und schuld, dass ich die Kirschen
nicht in die Schweiz einführen kann. Sie haben mir einen sehr großen
geschäftlichen Schaden zugefügt. Das werden Sie noch büßen/* Als er mit seinen
beleidigenden Worten nicht aufhören wollte, verwies ihn mein Vater aus dem Haus
und sagte ihm: .Jetzt weiß ich, wer hinter der Kirschenbeschlagnahme steht, und
wenn Sie nicht sofort die Beschimpfungen einstellen, lasse ich Sie verhaften!" Der
Basler Händler fuhr unter Verwünschungen dann in seinem großen Ami-Wagen ab.

Zwei Tage später bekam Landrat Kraus eine Vorladung zur Militärregierung
nach Freiburg, wo er sich morgens um 9.00 Uhr einfinden musste. Er war pünktlich
zur Stelle und sollte im Vorzimmer eines Obersten warten. Es wurde ihm
bedeutet, dass es eine längere Zeit dauerte, bis dieser Zeit für ihn hätte. Da mein
Vater müde war und nicht wusste. wann der Herr Oberst geruhte, ihn zu empfangen
, legte er sich auf ein im Zimmer befindliches Sofa und schlief sofort ein.
Plötzlich wurde er von einem Offizier mit den Worten geweckt: ..Sie. Herr Präfekt.
müssen kein schlechtes Gewissen haben, wenn Sie hier schlafen können." Mein
Vater erwiderte ihm: ..Es gibt ein altes deutsches Sprichwort, das heißt: .Ein gutes
Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen*".

Das Ende der Geschichte war: Landrat Kraus konnte, ohne den Herrn Oberst
gesehen zu haben, wieder heimfahren.

Wie sich dann später herausstellte, war die Beschlagnahme der Kirschen ein
privates, abgekartetes Spiel zwischen dem Oberst und dem Basler Obstgroßhändler
unter Umgehung der obersten Militärbehörden. Diese wollten auf gar keinen Fall
irgendwelche diplomatischen Verwicklungen mit der Schweiz haben.

Das ist die Kirschengeschichte von 1947 unter der französischen Besatzung im
Markgräflerland. Dank dem mutigen Eingreifen von Nationalrat Gottlieb Duttweiler
konnte die Verteilung der Kirschen durchgeführt werden.

Anhang:

Für die heutige Generation ist die „Migros" ein Begriff, umso mehr, als vor
kurzem auch eine Niederlassung erstmals auf deutschem Boden in Lörrach eröffnet
wurde. Aber kaum jemand kennt den Gründer der Migros. Gottlieb Duttweiler.
Daher sollen die nachstehenden Zeilen seinen Lebensweg kurz aufzeichnen.

Sein Leben:

1888 Er wurde am 15.8.1888 in Zürich geboren. Sein Vater war Verwalter des
Lebensmittelvereins Zürich.

1907 Nach einer Lehre in der Kolonialwarenagentur Pfister & Sigg machte Gottlieb
Duttweiler die Lehrabschlussprüfung.

1913 Im Alter von 24 Jahren heiratete er Adele Bertschi-Anstille. Sie verstarb im
Alter von 97 Jahren.

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