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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
63.2001, Heft 2.2001
Seite: 150
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2001-02/0152
Ernährungskrise in Baden. Dass der Hunger erst nach Kriegsende kam. bestimmte
im wesentlichen auch die Einstellung der Bevölkerung gegenüber der Militärregierung
, aber auch gegenüber der neuen politischen Ordnung. Gewiss trug zur
Ernährungskrise die Tatsache bei. dass sich die französischen Truppen - anders
als etwa die Amerikaner - aus ihrem Besatzungsgebiet ernährten. Dies erwies sich
für sie allerdings auch als notwendig, weil die wirtschaftliche Situation Frankreichs
selbst, nicht zuletzt aufgrund der Kriegsereignisse und der deutschen Besetzung
, ausgesprochen schlecht war.

Für die Ernährungskrise zeichneten verschiedene Faktoren verantwortlich. Bereits
vor dem Krieg war Baden nicht in der Lage gewesen, seinen Bedarf an
Agrarprodukten zu decken. Nach Kriegsende behinderten das am Boden liegende
Verkehrssystem und die Zonengrenzen die Zufuhr aus anderen Regionen. In erster
Linie machte sich jetzt aber die langjährige Überforderung der Wirtschaft durch
NS-Re2ime und Kries bemerkbar. Schlechte Ernten in den Jahren 1945 und 1946

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und die Dürre 1947 verschärften das Problem zusätzlich. Die Zeit von Frühjahr
1946 bis Ende 1947 dürfte am schlimmsten gewesen sein. Im März 1947 beispielsweise
wurden an den Normalverbraucher pro Tag ausgegeben:

250 g Brot, 4,5 g Fett, je 4 g Zucker und Teigwaren, 5 g Fleisch, eine Kartoffel.

Das Verhältnis von sog. Normalverbrauchern und Selbstversorgern differierte
naturgemäß je nach Wohnort: In Freiburg bestand der größte Teil der Einwohner.
91 Prozent, aus Normalverbrauchern, in Lörrach 74 Prozent, in Müllheim nur gut
die Hälfte der Einwohner (55 9c). Baden-Baden wies dieselbe Verteilung auf wie
Freiburg. Diese beiden Städte waren als Sitz von französischen Militärregierungen
in einer besonders schwierigen Ernährungslage. Im Januar 1947 wandte sich eine
in Baden-Baden lebende Kriegerwitwe mit drei Kindern klagend an den badischen
Staatspräsidenten Leo Wohleb: „Seit vier Tagen essen wir Rüben ohne Kartoffeln,
weil uns die 60 Pfund Kartoffeln pro Kopf bis heute noch nicht zugeteilt worden
sind. Seit zwei Tagen sind wir ohne Brot. Wir essen also mittags und abends
Rüben mit etwas Öl geschmälzt, ohne Kartoffeln und ohne Mehl. Frühstück und
Vesper fällt aus, da wir auch keine Suppennährmittel haben." Eine merkliche
Besserung zeichnete sich erst seit dem Sommer 1948 ab. Jetzt stellte auch die
Besatzungsmacht ihre Entnahmen aus der Landwirtschaft ein und die ersten großen
Lebensmittelimporte im Rahmen des Marshallplans trafen ein.

Die Krise traf nicht alle Menschen gleichermaßen. Während Sachwertbesitzer
noch Tauschmittel für den Schwarzmarkt und für Hamsterfahrten besaßen, waren
Ausgebombte sowie alte und kranke Menschen von dieser zusätzlichen Lebensmittelversorgung
ausgeschlossen. Infolge der Preisentwicklung und des seit 1936
bestehenden Lohnstopps reichten oft Löhne und Gehälter zur Deckung der Lebenshaltungskosten
nicht mehr aus. Wie viel schlimmer traf es da Rentner und
Pensionäre, die wegen des Zusammenbruchs der Sozialversicherung wie auch
staatlicher Behörden für einige Zeit keine Auszahlungen erhielten, oder die Bezieher
von Hinterbliebenen- und Kriegsopferrenten, an die Zahlungen auf Befehl der

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