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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
63.2001, Heft 2.2001
Seite: 156
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2001-02/0158
Neben dem Schwarzen Markt bestand ein sogenannter Grauer Markt, auf welchem
quasi legal Kompensationsgeschäfte mit dem In- und Ausland betrieben und
Waren gegen Waren getauscht wurden. Die französische Besatzungsmacht versuchte
diese Märkte einzudämmen und ließ im April 1946 offizielle Tauschläden
einrichten, allerdings ohne Erfolg. Das badische Wirtschaftsministerium gab unumwunden
zu. dass die Handwerks- und Herstellerbetriebe dazu gezwungen seien,
sich im Tauschwege mit den benötigten Waren zu versehen, um „die Aufrechterhaltung
einer volkswirtschaftlich unentbehrlichen Produktion'" zu gewährleisten.
Die Preiskommission für die französische Zone nahm im Herbst 1947 an, dass 40
bis 45 Prozent aller Umsätze außerhalb des offiziellen Bewirtschaftungssystems
getätigt wurden. Ein Beispiel: Die Firma Mez in Freiburg kaufte für ihre Betriebsangehörigen
regelmäßig Obst und Gemüse ein. ohne dafür Überpreise zu bezahlen
, aber mit einem kleinen .Trinkgeld" in Form von Nähgarn. Die Betriebsleitung
verteidigte sich: ..Bei der gelegentlich unentgeltlich dreingegebenen Nähseide
handelte es sich um mangelhafte, nichtverkaufsfähige Ware." Die Firma wurde
gebührenpflichtig verwarnt, aber die Höhe der Verwarnung - eine Mark - deutet
eher auf Billigung als auf Bestrafung hin. Die Militärregierung drückte bei Textilbetrieben
ein Auge zu, da deren Produkte fast ausschließlich nach Frankreich
gingen. Außerdem erhöhte die zusätzliche Verpflegung die Arbeitsfähigkeit der
Arbeiter und Angestellten, so dass größere Fehlquoten ausblieben.

Ansonsten sank die Arbeitsmoral, zu viel Zeit musste auf die Beschaffung von
Nahrungsmitteln verwendet werden. Das Ernährungsamt Freiburg stellte Anfang 1946
fest: ..Aber große, dringend bedürftige Verbraucherkreise sind benachteiligt, alle, denen
die Arbeit keine Zeit zum Hamstern läßt oder die nicht genug Geld oder nichts
zum Tauschen haben ... Die sozialen Spannungen wachsen bedrohlich.'" Während der
Erntezeit wurden die Felder und Gärten von Selbstschutztruppen bewacht, um Felddiebstähle
zu verhindern, die vor allem von Frauen begangen wurden. Sie waren es
schließlich, die sich hauptsächlich um die Ernährung der Familien kümmerten. Der
Anteil der Frauen an der Bevölkerung hatte sich im übrigen gravierend verschoben:
Unter den 18- bis 50jährigen gab es 1946 doppelt so viel Frauen wie Männer.

Man nimmt heute an, dass die tatsächliche Erntemenge etwa 20 Prozent höher
war, als sie von den Behörden geschätzt wurde. Die landwirtschaftlichen Produkte
wurden zum Teil gegen Sachwerte der Städter eingetauscht - vier Hufnägel kosteten
beispielsweise so viel wie drei Liter Milch -. zum Teil landeten sie auf dem
Schwarzmarkt. So lief gegen einen Landwirt aus St. Märgen eine Anzeige, weil er
einer Frau regelmäßig Butter verkaufte und zwar das Pfund zu 5 RM (er hätte ein
Vielfaches dieses Betrags verlangen können). Da jedoch der Erzeugerhöchstpreis
nur 1.55 RM betrug, verstieß der Landwirt gegen die vom 3. Juni 1939 (!) stammenden
Preisvorschriften und wurde verurteilt. Um die Strafe bezahlen zu können
, mußte der Bauer wiederum Ware auf dem Schwarzmarkt verkaufen, wo ein
Ei etwa drei Mark erbrachte, während die Ordnungsstrafe für ein nicht abgeliefertes
Ei eine Mark betrug. Ein wahrer Teufelskreis, dem nur mit einer neuen Wirtschafts
- und Währungsordnung beizukommen war.

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