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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
63.2001, Heft 2.2001
Seite: 187
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2001-02/0189
dies und dies, sieben Jahre und mehr. Wollten aber dem lateinischen Redner nicht
alle freundlich die Hand geben. Der Schulmeister liest das Brieflein und: ..Der
Hebelbund will Euch zu einem geehrten Mann machen, zwei Tage nach dem
Geburtstag des Hausfreunds*'. Das war eine gute Nachricht für den Schulmeister
anno 2001. zumal an einem trüben Wintermorgen. Die Zeit wird einem nie so
lang, als wenn man auf den Frühling wartet und der Winter will nicht aufhören.
Flocken zu streuen oder, wie es ihm jetzt gefällt, den Regen die Arbeit machen zu
lassen. Endlich kommt aber doch der Mai und der Kirschbaum prangt in seinem
schönsten Bluest und das Immli freut sich am kostbaren Porzelin und das Vögelein
sagt: ..Frili jo! Potz tausig, jo, do isch er scho." Und die Sonne lacht am
Himmel. ..Ich will mich auf den Weg machen", dachte der Schulmeister. ..sonst
wird es mit der Ehrung nichts.*" Und er ging über die Rheinbrücke und geradewegs
an den Ort. wo des Feldbergs liebliche Tochter dem Rhein endlich in die Arme
sinkt und die beiden Hochzeit halten. „Das will ich sehen*", sagte der Schulmeister
, „wie mir die suferi Wiese zwischen den blühenden Bäumen und Matten entgegenkommt
."' Und er nimmt den Weg unter die Füße und ist vergnügt. Und bald
kommt ihm das Liedlein vom Kirschbaum in den Sinn. Und er ist noch einmal
vergnügt. Da kommt ihm ein Fremder entgegen, aber seine Kleider sind aus der
Mode. Man sieht's. Der Schulmeister reibt sich die Augen aus. „Seid Ihr nicht der

CT

Johann Peter Hebel aus Hausen im Wiesental?'* sagt der Schulmeister und wun-
dert sich. „Erraten!" sagt der Fremde und ist nimmer ein Fremder. Und: „Ich will
Euch, wenn Ihr erlaubt, ein Stück begleiten, damit ich sehen kann, was es Neues
gibt."* Und der Schulmeister erklärt und der Herr Hebel hört zu und denkt bei sich:
„Es ist vieles anders, aber nicht besser!'* Als sie nun ein gutes Stündlein in der
Sonne fürbass gegangen waren, das Wasser im Bachbett wollte sie nicht kühlen.
„Herr Hebel", sagte der Schulmeister, „ist es Euch recht, wenn wir dem Durst den
Garaus machen?" Denn sie kamen an ein Wirtshaus. Den Schulmeister juckte es
und es fehlte wenig und er hätte für sein Geld noch eine gute Fleischsuppe und ein
Stücklein Rindfleisch und ein Gemüs verlangt, auch für sein Geld. Tat*s aber
nicht, denn der Wirt, der ein Schöpplein brachte und ein zweites, war nicht der
Löwenwirt und nicht der Bärenwirt, aber der Wiesengartenwirt. Und als sie wieder
allein am Tisch saßen und der alte Herr vergnügt wurde, sagte der Schulmeister
: „Lieber alter Herr, es ist Zeit, dass ich es Euch sage, nämlich dass der Hausfreund
mit seinen Geschichten und Lehren manchem geneigten Leser ein freudig
Stündlein schenkt und immer wieder.'* Der Hausfreund bekam kleine Fältlein um
die Augen und um die Mundecken und schaute zum Fenster hinaus. „Schulmeister
", sagte er, „wir müssen gehen, sonst wird es mit Eurer Ehrung nichts." Als
aber jetzt das Kirchlein vom Tüllingerhügel herübergrüßt, will es dem alten Herrn
ein wenig eng ums Herz werden und: „Wisst Ihr. lieber Schulmeister", sagte er,
„dass ich in den heitersten und trübsten Augenblicken meines Lebens keinen
anderen Wunsch bei mir hatte, als an einem friedlichen Landorte unter redlichen
Menschen als Pfarrer zu leben und zu sterben?" Der Schulmeister wusste es. denn
er war auch ein Verleger und hatte den Text der .nie gehaltenen Antrittspredigt

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