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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
64.2002, Heft 2.2002
Seite: 113
(PDF, 32 MB)
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ein echter Gewinn für mich und, wie ich verspreche, einstmals für uns alle.4' So
berichtete Nietzsche seinem Freund Erwin Rohde (1845-1898). Durch seinen „Sekretär
'" lernte er die Frau kennen, deren Freundschaft ihm besonders teuer werden
sollte: Frau Marie Baumgartner, die Mutter von Adolf.

„Am 29. März 1874 war er zum ersten male im Elternhaus seines Schülers
Adolf Baumgartner in Lörrach eingeladen und hier trat ihm Frau Marie Baumgartner
die sorgende Frau entgegen, deren er in den kommenden schlimmen Jahren so
unbedingt bedurfte."' So Curt Paul Janz in seiner Nietzsche-Biographie. Wer aber
waren nun diese Lörracher Baumgartner? Nietzsches Schüler und „Sekretär"
Adolf Baumgartner war der Sohn des Fabrikanten Jacques Baumgartner (1815-
1890) und der Marie Baumgartner geb. Koechlin (1831-1897).

Beide Eltern gehörten also zu den Familien, welche in Lörrach die Textilindustrie
zum Blühen gebracht haben. Das Unternehmen trägt heute noch ihre beiden
Namen: Manufaktur Koechlin, Baumgartner & Cie. Der Vater Jacques Baumgartner
war als Chemiker auch Teilhaber der Fabrik. „Eine stille, zur Schweigsamkeit
neigende, zurückgezogene Natur, die als verschlossen erscheinen mochte, von
ernstem Wohlwollen gegenüber den Seinen erfüllt, vor Welt und Menschen von
gerader, aufrechter Gesinnung. Neben seinem technischen Berufe gab er sich stark
mit hebräischen Studien ab..." (Janz). Seine Gattin. Marie Baumgartner geb.
Koechlin, war eine belesene und geistreiche Frau, ganz der französischen Kultur
und Lebensart verhaftet. In Mülhausen im Elsass als Tochter des Textilfabrikanten
Isaak Koechlin und dessen Ehefrau Amalie geb. Dollfuß geboren, genoss sie einen
Teil ihrer Erziehung in Rouen. Sie sprach Französisch so gut wie Hochdeutsch
und Alemannisch. Als im Jahre 1871 das Elsass wieder deutsch wurde, „blieb sie
die entschlossene, überzeugte Elsässerin. trotz oder gerade wegen des Siebziger
Krieges und ihrer formalen deutschen Staatsangehörigkeit** (Janz). Dir Mann hatte
für Deutschland optiert, weil er fand, er sei es dem Lande schuldig, wo er sein
Brot verdiene. Wo wohnten nun die Baumgartners in Lörrach? Wir finden sie
nicht in einer der von der Familie Koechlin erbauten Villen. Nicht in der heutigen
„Villa Aichele". der „Villa Rosenfels" oder dem „Neuen Herrenhaus", heute
Weinbrennerstr. 4. Die Familie bewohnte das Haus „Thumringerstraße 18", das an
der Stelle der heutigen Hebelapotheke stand (Tumringer Straße 192). Dieses Haus
wurde in den zwanziger Jahren abgebrochen. Es war ein behäbiges Bürgerhaus
mit einem barocken Walmdach.

Ganz alte Lörracher erinnern sich noch an das Haus, weil im angebauten Nebengebäude
der Mechanikermeister Carl Birkenmaier seine Werkstätte hatte.

In diesem Haus also lernten sich Nietzsche und Marie Baumgartner kennen.
Hier entstand jene Freundschaft zwischen dem jungen, damals 30-jährigen Basler
Professor und der 13 Jahre älteren Fabrikantengattin. Alle Nietzschebiographen
wundern sich darüber, dass sie. die überzeugte elsässische Patriotin, die in Sonetten
und Schriften gegen die Annexion ihrer Heimat durch Deutschland gekämpft
hatte, sich mit einem Deutschen befreundete. Der Grund dafür war wohl zum
einen die tiefe Dankbarkeit, die sie für den verehrten Lehrer ihres Sohnes emp-

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