http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2003-01/0100
Aus Ibenthalers Selbstzeugnissen erfahren wir, wie sein Künstlertum. seine innere
Berufung, von ihm immer wieder hinterfragt, als Rätsel begriffen und von
Selbstzweifeln begleitet wird. ..So bedurfte es auch der Umwege, um auf die
Lebensbahn eines Malers zu gelangen", schrieb er. .Als ich dann schliesslich
diesen Status erreicht hatte, bemerkte ich bald, dass damit die Probleme erst
richtig anfingen". Er schreibt vom „inneren Zwang". Künstler werden zu müssen,
und dass er trotzdem immer wieder ..darauf achten musste. den Lebensweg des
Künstlers nicht zu verlieren".
In solchen Zweifeln und Reflexionen liegt auch ein unübersehbarer thematischer
Ansatz seines Schaffens. Zeugnisse dafür sind die große Anzahl von Selbstbildnissen
, deren erstes er 1938 mit 18 Jahren malte. Während des Krieges malt er
ein Selbstbildnis als Soldat in Villacoublay, wo er auf einem Flugplatz zwischen
Paris und Versailles stationiert ist. Das Gesicht dominiert die Bildfläche, und von
der Uniform sind nur die Schultern mit den Achselklappen zu sehen (Abb. 1).
Seit er dann nach dem Krieg seinen künstlerischen Werdegang mit Entschiedenheit
weiter verfolgt, reißt die Beschäftigung mit dem Selbst nicht mehr ab. Man
errät in den Bildnissen seine Begabung als Bildschnitzer: scharfkantig sind die
Gesichtszüge herausgearbeitet, unerbittlich fragend sieht er sich selbst.
Abb. 2: Trinker
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