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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
65.2003, Heft 1.2003
Seite: 146
(PDF, 32 MB)
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Geburt Jesu sich nach der Tradition bei Nacht abgespielt haben soll, hatte diese
Kerze auf der Bühne einen ganz praktischen Zweck. Gleichzeitig wurde sie aber
auch als Symbol für den Auftrag Josefs gedeutet. Hüter des ewigen Lichtes zu
sein.

Aber auch eine literarische Vorlage hatte großen Einfluss auf die spätmittelalterliche
Bildgestaltung: Die ..Offenbarungen über das Leiden Jesu Christi und seiner
ruhmreichen Mutter, der Jungfrau Maria"4, verfasst von der auf dem Konstanzer
Konzil (1414-1418) heilig gesprochenen Birgitta von Schweden (1303-1373).

Die folgenden Textausschnitte aus diesem Werk zeigen eindrücklich, dass viele
Weihnachtsdarstellungen, zumindest in Teilen, Illustrationen der Visionen sind,
die Birgitta bei einem Besuch der Geburtsstätten von Bethlehem hatte. Auch die
angefügte Federzeichnung von Albrecht Dürer macht dies ganz deutlich.

,,. . .nachdem jener Greis den Ochsen und den Esel an der Krippe angebunden
hatte, ging er hinaus und brachte hierauf der Jungfrau eine brennende Kerze ...
Ihre wunderschönen, goldenen Haare fielen ihr lose auf die Schultern herab ...
Und als alles vorbereitet war, kniete die Jungfrau in großer Andacht nieder und
nahm Gebetsstellung an. Ihr Rücken war zur Krippe gekehrt . . . Und wie sie so
im Gebete stand, gebar sie sofort und in einem Augenblicke den Sohn, von dem
ein solch unsagbares Licht und ein solcher Glanz ausgingen, dass nicht einmal die
Sonne damit zu vergleichen war. Noch viel weniger gab das Kerzenlicht, das der
Greis aufgestellt hatte, irgendeinen Schein, weil jener göttliche Schein das krea-
türliche Licht der Kerze ganz und gar überstrahlte. Und sogleich sah ich jenes
glorreiche, nackte und sehr niedliche Kind am Boden liegen ... Als hierauf die
Jungfrau fühlte, dass sie schon geboren hatte, betete sie sogleich den Knaben mit
großer Ehrerbietung und Ehrfurcht an, indem sie das Haupt neigte und die Hände
faltete. Sie sprach zu ihm: ,Sei willkommen, mein Gott, mein Herr und mein
Sohn'."' Behalten wir den letzten Satz im Ohr und schauen uns das auf dem Boden
liegende Kind an. das, wie auf der Dürerzeichnung, von drei Engeln umgeben ist,
die im Mittelalter den Cherubim, den Seraphim und den Erzengel bedeuteten.
Dem Betrachter fällt sofort auf, dass die kindlichen Gesichtszüge kombiniert sind
mit einer Haartracht, die ganz und gar nicht zu einem Baby passt. So wie das in
den Heiligenschein eingearbeitete Kreuz den Blick in die Zukunft öffnet, machen
uns der Haarkranz und die Locke auf die Herrschaft und die Göttlichkeit dieses
hilflosen Kindes aufmerksam: »Sei willkommen, mein Gott, mein Herr und mein
Sohn«, so lasen wir bei Birgitta.

Auch wenn für den Kenner die Süßlichkeit und Glätte der Darstellung, aber
auch die Technik das Fenster sofort als eine Schöpfung der Neugotik erkennen
lassen, so glaube ich dennoch, dass dieses kleine Kunstwerk geeignet ist, uns in
die Symbolik des Weihnachtsbildes einzuführen, die dem uns unbekannten Künstler
sehr vertraut war. Leider lässt sich die differenzierte Farbigkeit nicht korrekt
im Druck abbilden, deshalb sei jedem empfohlen, einmal selbst die erst kürzlich
renovierte Kapelle der ..Himmelspforte'" zu besuchen.

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