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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
65.2003, Heft 1.2003
Seite: 154
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2003-01/0156
dikaler". so Raimund Kagerer in einer Besprechung von „Eso goht's is!", ist
Marquardt „ohne Zweifel. Radikal in der Ablehnung des technischen Fortschritts.
Ein Verletzter, der es nicht fassen will, dass das Bild einer Landschaft nivelliert,
auf Stromlinienform gebracht werden soll. Marquardt setzt dieser Tendenz seinen
Lebensernst, seine tiefe Gläubigkeit, eine fast mystische Verbundenheit mit der
Mutter Erde entgegen".

Diese „fast mystische Verbundenheit" kommt vielleicht am besten in seinem Verhältnis
zu den „Mosern"' zum Ausdruck. Marquardt war ein großer Freund und
Kenner der Hochmoore des Hotzenwalds. und als er in den siebziger Jahren erleben
musste, wie das „Faustrecht moderner Technik" in Gestalt eines (später wieder
aufgegebenen) Plans zum Bau eines 65 Mio Kubikmeter fassenden Speichersees
durch die „Schluchseewerk-AG" die hochsensiblen Biotope einer der schönsten
Moorlandschaften zu zerstören drohte, wies er in einem umfangreichen Beitrag unter
dem Titel „Hotzenwald, Stauhöhe 934" für die „Basier Zeitung" auf den drohenden
Verlust dieser einzigartigen Moorlandschaft eindringlich hin. Gerade mit dem Ibach-
und Schwarzenbach-Tal. den Herzkammern dieser einzigartigen „Möserlandschaft".
die nicht allein Gletschermühlen mit dem Charakter von Naturdenkmälern aufweisen
, sondern auch kostbare „Gastgeschenke der Eiszeiten" (Erwin Litzelmann) mit
eiszeitlich-subarktischer Pflanzenwelt darstellen, war Marquardt tief vertraut. Wer
einmal Gelegenheit hatte, sich von ihm durch diese Landschaft führen zu lassen, den
muss seine enge Beziehung zu ihr beeindruckt haben. Ganz aus diesem Geist heraus
dichtete Marquardt sein Gedicht „Im Klusenmoos". in dem es heißt:

„Der Fohren grünes Leuchterlicht
zwingt dich vor ihren Moosaltar
Aus Urzeitschössen steigt Gesicht
macht Ursprung offenbar."

Diese Sakralisierung der Natur ist es. die wie von selbst auf jenen Unterschied
zwischen Gemachtem und Geschaffenem, zwischen menschlichem Eingriff und
„ewigem Bestand" verweist, wie er für Marquardts Zivilisationskritik und für
seine Dichtung zentral ist. Und weil der Autor, gemäß der fatalen Kausalkette
Denkzwang - Sachzwang - Tatzwang, alles Geschaffene in schwächerer Position
weiß, weil es stets von Machern und ihren Nutznießern bedroht ist, warnt er auch
vor einem verbreiteten Missverständnis: „Wir sind nicht die gebrannten Kinder,
die das Feuer scheuen, wir sind das Feuer!" Trotz seiner „wälderkäuzigen Hoffnung
" (Passlick) machte sich Marquardt denn auch keine Illusionen über mögliche
Umkehr. Wie er persönlich aus diesem Dilemma herausfand, ohne drohender
Resignation zu verfallen, ließ er einen Leser wissen: er widme sich in seinen
Gedichten dem Versuch, eine „polare Spannung zwischen Klage und bewahrender
Tröstung" herzustellen. Und Marquardt fügte hinzu: „Ich kann diese Gedichte
nicht .machen', sondern .numme eso. wie de Vogel singt"".

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