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Im Ersten Weltkrieg waren die Heilstätten überw iegend von Soldaten belegt. Die
Inflation nach 1919 hatte die Schließung zur Folge, und erst im Frühjahr 1924 sind
die Kliniken wieder eröffnet worden.
Jeweils während der beiden Kriege wurden die Sanatorien grundlegend saniert
und erweitert. Mit eigenem Kraftwerk, eigener Müllverbrennungs- und Abwasserreinigungsanlage
. Wasser und sonstigen infrastrukturellen Einrichtungen gehörten
Friedrichsheim und Luisenheim zu den modernsten Sanatorien ihrer Art und Zeit.
Beide ärztliche Abteilungen war mit einer Bestrahlungsstation. Luisenheim außerdem
mit einer Röntgenstation ausgestattet worden.
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs. 1945, wurden die Kliniken von den Franzosen
beschlagnahmt. Friedrichsheim hieß in dieser Zeit ..Tunisie" und Luisenheim
..Bir Hakim*'. Erst 1950 erhielt die LVA ihren Besitz wieder zurück, den sie erneut
grundlegend sanieren und modernisieren musste. Im Juli 1951 war offizielle Wiedereröffnung
in Anwesenheit von Staatspräsident Leo Wohleb.
Und wieder wurde rege gebaut, diesmal um der Abgeschiedenheit des Standortes
Anreize entgegenzusetzen. Denn aufgrund neuer therapeutischer Erkenntnisse
musste das Personal wesentlich aufgestockt werden. Das Veranstaltungshaus mit
400 Sitzplätzen, einer großen Bühne und einer Filmvorführungsanlage wurde
1963 in Betrieb genommen. Zuvor schon war das Gemeinschaftshaus (1957) mit
Saal und Kegelbahnen entstanden.
Den 460 Patienten standen 260 Angestellte und Bedienstete gegenüber. Aufgrund
der Abgeschiedenheit mussten. um einen reibungslosen Betriebsablauf zu
gewährleisten, eisene Werkstätten unterhalten werden. Auf diese Weise waren die
Kliniken, die Anfang der siebziger Jahre in ..Fachklinik Kandertal" und .Jachklinik
am Blauen" umbenannt wurden, weitgehend autonom.
Die Aufgabe der historischen Namensgebung - aus den Heilstätten wurden
Fachkliniken - war die Reaktion auf bereits geänderte Behandlungsverfahren.
Anfangs stützte man den Heilungsprozess vor allem auf ausgedehnte Liegekuren
, leichte Beschäftigungstherapie und strenge hygienische Vorschriften. Die
große Lungenchirurgie wurde in den Heilstätten erst von 1937 an möglich mit der
Einrichtung eines Operationssaales. Operative Behandlungen hatte man zuvor im
Krankenhaus Schopfheim und später im Tuberkulosekrankenhaus Heidelberg-
Rohrbach vorgenommen.
Mit der Wiedereröffnung nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Chemotherapie
und die Behandlung der Tuberkulose mit Antibiotika, unterstützt durch den
Einsatz von Cortisonpräparaten. Die Erfolge dieser Methode sowie das Verfahren
der Resektion drängten die Pneumothoraxbehandlung mehr und mehr zurück. Soweit
dennoch nötig, wurden Patienten aus dem südbadischen Raum in der Freiburger
Robert-Koch-Klinik operiert.
Die Chemotherapie verbesserte die Heilungschancen und verminderte wesentlich
die Ansteckungsgefahr. Die medizinischen Fortschritte erforderten von den
Lungenfachärzten eine fortschreitende Spezialisierung. Die Patienten wurden nach
Indikationen eingeteilt. Das wiederum bedingte eine völlige Neugestaltung der
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