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affectirter Bescheidenheit, sondern aus folgenden Ursachen: Ich bin ehestens 61
Jahre alt. Dieß ist zwar noch kein GreißenAlter; allein es sind nahezu 40. Jahre,
daß ich Ihrer Königlichen Hoheit zu dienen das Glük und die Gnaden habe. Mit
welcher Treue und mit welcher Anstrengung ich bisher gedient habe, darüber gibt
mir mein Gewissen ein vollkommenes beruhigendes Zeugnis, das auch meine
noch lebenden jeweiligen MitArbeiter mir nicht versagen werden.
Aber nun ist meine Gesundheit sehr geschwächt, meine Sinnen- und Seelen-
Kräfte haben sehr abgenommen, und das stete Sizen hat mir schwere Übel zugezogen
, die sich nicht mehr heben laßen, sondern immer bedenklicher werden.
Ich kann also nicht mehr leisten, was ich sonst zu leisten vermochte, oder was
man etwa noch von mir erwarten mag, und ich halte es für unerlässliche Pflicht,
diese Abnahme ohne Rückhalt unterthänigst anzuzeigen, damit mir zum Nachtheil
des hoechsten Dienstes oder zur unbilligen Belästigung meiner Collegen nicht
mehr zugetraut oder zugemuthet werde, als was ich unter den vermerkten Umständen
annoch zu leisten im Stande bin.
Ich muß es nur bedauern, kann es aber nicht ändern, daß meine Augen bloede,
- daß mein sonst glükliches Gedächtniß schwach geworden, daß ich nicht mehr
wie ehedem Tage und halbe Nächte anhaltend sizen kann, und daß ich mit starken
Schritten an Leib und Seele dem InvalidenStand mich nähere, zu einer Zeit, wo
der Staat mehr als gewöhnlich thätige Arbeiter erfordert.
Mein Eyfer wird indessen nicht erkalten. Die Kräfte, die mir Gott ferner verley-
hen wird, bleiben dem Dienst meines gnädigsten Souverains devotest gewidmet,
und ich erwarte Ehrfurchts voll, in welchem Fach Ihre Königliche Hoheit nach
dem Maas derhalben mich zu beschäftigen geruhen wollen."591
Trotz der von Meier selbst geäußerten Bedenken entschied sich der Großherzog,
ihm weiterhin ein hohes Staatsamt mit einer großen Verantwortung zu übertragen.
Er ernannte ihn bei der neuen Personalorganisation zum Direktor im Staatsdepartement
und damit zum Stellvertreter des Außenministers von Edelsheim. Zugleich
behielt er das Referat für Postsachen, das fortan dem Polizeidepartement
zugeordnet war.601 Meier hatte dieses Referat schon etliche Jahre betreut und war
der beste Kenner dieser Materie. Die Ernennung Meiers war ein weiterer Beweis,
wie sehr ihn der Großherzog und seine Mitarbeiter schätzten und wie wichtig seine
Arbeit für den badischen Staat war.
Als im folgenden Jahr Emmerich Joseph Freiherr von Dalberg neuer starker
Mann der Karlsruher Regierung wurde, ist die oberste Staatsverwaltung abermals
umgestaltet worden. Das Geheimratskollegium wurde nun endgültig aufgelöst. An
seine Stelle traten jetzt definitiv Fachministerien, wie sie schon in den Departements
angelegt waren.6" Meier behielt seine Stelle im Außenministerium, wurde
aber, da der Titel eines Geheimen Rats bedeutungslos geworden war, zum Mi-
nisterialdirektor ernannt. In dieser Eigenschaft gehörte er auch dem neugeschaffenen
Staatsrat an, der die wichtigsten Gesetze vorzubereiten hatte.6:' Darunter
fiel namentlich die Ausarbeitung einer Verfassung für Baden. Dalberg hatte sie
er c, G
nach seinem Amtsantritt im Regierungsblatt angekündigt. Um das Band zwischen
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