http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2004-02/0105
Sterns. Im Nachwort zu ihrem ..Novellenkranz aus der Zeit des Schwarzen Todes"
mit dem Titel Ihr seid meine Zeugen, den Selma Stern nach ihrer Emigration in die
USA verfasste. erwähnt sie ihre Großmutter Sara. Eine der wichtigsten Gestalten
ihres die Pestjahre 1348/49 beschreibenden Werkes ist das Kind Judah (Jehuda),
bekannt als Stammvater der Weil(l)-Familie. Dazu erläutert Selma Stern: Weil ..ist
der direkte Ahne meiner eigenen Großmutter Sara Durlacher-Weil."4* Bewusst beruft
sich die Historikerin auf ihre Kippenheimer Großmutter und deren Familie. Einerseits
, um deutlich zu machen, dass ihre Novellen zwar literarische Werke sind,
aber nicht gänzlich des historischen Hintergrunds entbehren. Andererseits wird
man diese Erwähnung dahin gehend verstehen dürfen, dass sich Selma Stern selbst
in die jahrhundertelange jüdische Tradition eingereiht sehen will, deren dunkelste
mittelalterliche Epoche sie als Metapher für die Katastrophen des 20. Jahrhunderts
mit ihrem Buch beschreibt. Sara Durlacher aus Kippenheim, ein ansonsten gänzlich
unbekannt gebliebener Mensch, wird so für Selma Stern zur Mittlerperson für
die eigene Eingliederung in die jüdische Schicksalsgemeinschaft.
Am 19. Oktober 1842 hatte Sara Weil ihren Mann Samuel Durlacher geheiratet,
dessen Familie seit Ende des 18. Jahrhunderts in Kippenheim ansässig war. Der
übernommene Familienname verweist auf die Herkunft aus dem nordbadischen
Durlach in der unmittelbaren Nähe von Karlsruhe. Die vormalige markgräfliche
Residenz war bis zur Gründung von Karlsruhe (1715) eine für die badischen Juden
wichtige Niederlassung und gewisse Zeit auch Sitz des Oberrabbinats. Ein
Abb. 6: Grabsteinsockel von Sara Durlacher (1821-1889) auf dem Jüdischen Friedhof in Schmieheim
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