http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2004-02/0166
Franz Littmann:
Handorakel der Lebenskunst
Die Alemannischen Gedichte
von Johann Peter Hebel
Karlsruhe 2003. 95 5.. ISBN 3-88190-333-x
rheinschrift 7, hg. von Hansgeorg Schmidt-Bergmann
Dieses Buch w urde anlässlich der Ausstellung ..Verstöhntder mi? 200 Jahre Alemannische
Gedichte" verfasst. die 2003/04 im Museum am Burghof Lörrach, im Museum für Literatur am
Oberrhein Karlsruhe, im Kulturamt der Stadt Schwetzingen und im Dichter- und Stadtmuseum
Liestal (Schweiz) stattfand. Die Anregung für diese Ausstellung ging von Elmar Vogt, Hausen
im Wiesental. und dem Bürgermeister dieser Gemeinde. Martin Bühler. aus.
Die Abbildungen des Buches zeigen einige Exponate: Originale von Hebels Gedichten und
Briefen. Bilder von Freunden und Personen, die sich mit Hebel beschäftigt haben. Auch die
wichtigsten Lebensorte Hebels werden erwähnt sowie Illustrationen zu den ..Allemannischen-
Gedichten*' ( Hebel schrieb das Wort ..Allemannisch" mit 2 „1").
Die Texte des Buches stellen mehr dar als einen Katalog: Franz Littmann interpretiert diese
Gedichte so, dass Hebels Weltanschauung vom Leser deutlich erkannt wird.
In einzelnen Kapiteln werden unter anderem ..Die Weisheit der Natur", die ..ars vivendi"
und die ..ars moriendi" (Kunst des Lebens und Sterbens) behandelt sowie ..Herzenskälte und
Barmherzigkeit", .liebe" und ..Glück".
Auch Hebels Wirkung auf seine Zeitgenossen Johann Georg Jacobi. Jean Paul und Johann
Wolfgang Goethe schildert der Verfasser.
Littmann kommt zu dem Ergebnis: ..Hebel hat in seinen .Allemannischen Gedichten' keine
Trostbotschaften formuliert, im Gegenteil, sie propagieren unentw egt das stoische Aushalten
der Widersprüchlichkeiten des Lebens und das .heitere* Hinnehmen von Schicksalsschlägen.
Hebel hat das Beste und Wertvollste der europäischen Denktradition- der Antike, des Humanismus
, der Aufklärung - konserviert - seine Gedichte sind ein Handorakel der Lebenskunst.
Überhaupt nicht das. was heutige Menschen hören wollen." (S.89)
Einige wichtige Gedichte werden abgedruckt, damit der Leser sie zur Hand hat. Denn sie
sollen zum Nachdenken anregen, damit Muße, Beharrlichkeit, Gelassenheit und Geduld gefördert
werden- auch und gerade heute, in der Gegenwart. Littmann möchte die Absicht Hebels
unterstützen, dass es keiner Eile, keiner Beschleunigung bedarf angesichts der Sterblichkeit
des Menschen, sondern der Konzentration auf den Augenblick.
Der Leser dieser ausgezeichneten Hebel-Interpretation wird seelisch und geistig bereichert
.
Man sollte dieses Buch ganz unabhängig von der genannten Ausstellung als wichtige Hebelliteratur
weiter empfehlen und verbreiten.
Renate Reimann
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