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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
67.2005, Heft 2.2005
Seite: 140
(PDF, 29 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2005-02/0142
4. ..bedauerlicher Tiefstand im religiösen Leben": Katholizismus
und Jungfrauenverehrung in Eichsei vor dem Hintergrund
der nationalsozialistischen Machtergreifung

„Die vor dem Kriege wirklich gläubig waren, ließen sich durch den Krieg
ihren Glauben nicht verlezen (sie!). Die Glaubensschwachen sind in der Regel
noch schwächer geworden oder ganz abgestorben. Ausnahmsweise wurde auch
ein Ungläubiger gläubig."4\ Dieses Fazit des Eichsler Pfarrers Friedrich Höfler
(1913-1924) zur Entwicklung der Gläubigkeit im Ersten Weltkrieg stellt den
Eichsler und Adelhauser44 Katholiken knapp 25 Jahre nach den Ereignissen um die
so erfolgreiche Erneuerung des Eichsler Umgangs kein sonderlich gutes Zeugnis
aus. Desillusioniert blickt der Geistliche in die Zukunft, was die weitere religiöse
Entwicklung in beiden Dinkelbergdörfern angeht, ja er fürchtet eine zunehmende
Polarisierung zwischen Gläubigen und „Ungläubigen".

Mit dieser Voraussicht scheint Höfler nicht unrecht sehabt zu haben. Die Zeit
der euphorischen, von starkem Engagement zeugenden Berichte zum Eichsler
Umgang war vorbei. Stattdessen wurde, wie etwa zum Jungfrauenfest 1926. über
die miserable Beteiligung der lebenden Eichsler Jungfrauen am Sakramentenempfang
geklagt.50

Doch während der Kirchgang am Jungfrauenfest, ferner an Weihnachten und
Ostern, wenigstens noch zum guten Tone gehöre, konstatierte Pfarrer Deisler 1930
für die Gottesdienste an normalen Sonntagen nur noch vereinzeltes Interesse. Auch
weitere Bereiche kirchlichen Engagements müssen in dieser Zeit in Eichsei und
Adelhausen auf immer geringeres Interesse gestoßen sein, so etwa die Wahlen zum
Pfarrgemeinderat im Februar 1932, die zu keinem Ergebnis geführt hatten.51 1931
stellte eine Kirchenvisitation in der Pfarrei Eichsei einen ..bedauerlichen Tiefstand
im religiösen Leben" fest.5: Die Schuld sei nicht bei Pfarrer Deisler zu suchen,
der seine Arbeit gut mache, sondern in der „Wühlarbeit bestimmter Personen", die
besonders in Niedereichsel und Adelhausen eine mehrheitlich kirchenfeindliche
Stimmung unter der Bevölkerung produziert hätten.53 Mit der Machtergreifung der
Nazis auch auf Gemeindeebene drohte diese Stimmung das kirchliche Leben in
Eichsei noch stärker zu beeinträchtigen.

Tatsächlich forderten die neuen Machthaber die Kirche in Eichsei schon sehr
bald heraus, allerdings nicht auf dem Feld des Eichsler Umgangs, der dazu viel zu
verwurzelt war, sondern auf einem scheinbar viel alltäglicheren Gebiet: Dem Unterhalt
der Kirchturmuhr. Seit 1899 schoss der Kirchenfonds der Gemeinde Eichsei
einen Teilbetrag dafür zu. seit 1926 30 Mark pro Jahr für Mesner Fröhle. der
täglich die Uhr aufzuziehen hatte.54 Allerdings wurde trotz dieses Beitrags nie die
alleinige Unterhaltspflicht der Gemeinde in Zweifel gezogen. Am 17. September
1933 beschloss indes der Gemeinderat. den Beitrag der Gemeinde zum Aufziehen
der Kirchturmuhr zu streichen, was der Bürgerausschuss wenige Tage später abnickte
.55 Damit entledigte sich die politische Gemeinde ihrer Unterhaltspflicht und
schob die weitere Betreuung der Turmuhr alleine der Kirche zu. Zweifellos han-

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