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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
68.2006, Heft 1.2006
Seite: 138
(PDF, 28 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2006-01/0140
Die Pest wütete auch im hinteren Kandertal

Fred Wehrle

Für die Menschheit war die Pest in früherer Zeit die schlimmste Geißel. So wissen
wir. dass von 1094 bis 1668 die Stadt Basel und vielfach auch die Umgebung
von insgesamt 26 großen Pestwellen heimgesucht wurde. Jedes Mal brachte sie
unendliches Leid für die Bevölkerung mit. Oft wurden ganze Familien ausgerottet,
und häufig wurden gerade die Kinder Opfer dieser schrecklichen Seuche. Noch
wusste man um diese Zeit nicht, dass hygienische Gründe dafür verantwortlich
waren.

Im hinteren Kandertal kann man anhand der Kirchenbücher mehrere solcher
Pestzüge beobachten. Beim Einsetzen der Kirchenbücher im Jahre 1574 betrug die
durchschnittliche Todesrate pro Jahr ca. 6 Personen. Mitte April 1577 setzte plötzlich
eine starke Zunahme der Todeseinträge ein. So starben Georg Wackemell zu
Lippisbach zwei Mädchen. Bereits Ende April starb ihm das fünfte Kind. Im Mai
und Juni steigerte sich die Todesrate noch mehr, so dass sich jetzt schon eine starke
Entvölkerung zeigte. Der Höhepunkt scheint Ende August gewesen zu sein, als
Pfarrer Marcus Victor folgenden Wortlaut ins Kirchenbuch schrieb: „sind in fünf
Monaten von Aprili bis uff den letzten August Hundert Personen gestorben. Gott
der Allmächtige wolle, daß es gnug seye."

Vom Pesttod wurden alle Bevölkerungsschichten getroffen, auch der Pfarrherr
musste seine Tochter Gertrud im August 1577 beerdigen. Alle Toten wurden zu
den hochgelegenen Friedhöfen nach Kaltenbach oder Marzeil getragen. Die Familie
Wackernell musste bereits das siebte Kind dieser furchtbaren Krankheit opfern.
Manche Familien sind ganz ausgelöscht worden.

Ca. 30 Jahre hatte nun die Bevölkerung Zeit, sich wieder etwas zu erholen. Aber
im September 1610 nimmt die Sterberate wieder rapide zu. Wieder ist die Pest bis
in die hintersten Täler vorgedrungen, und wieder geht der Sensenmann in viele
Häuser und fordert seine Opfer. Im Frühjahr 1611 ebbte die Pestwelle langsam ab.

Nicht einmal 20 Jahre später, nämlich im Jahre 1629, sollte wiederum ein
großes Sterben einsetzen. Diese Pestwelle scheint eine der schlimmsten für die
Vögtei Vogelbach gewesen zu sein. Am 25. Februar 1629 trägt Pfarrer Marcus Ge-
ckenheimer. der kurze Zeit zuvor, im September 1628, im Vogelbacher Pfarrhaus
eingezogen war, als ersten Pesttoten den dreijährigen Michael, Sohn des Köhlers
Claus Breh v. Marzeil, ein. Als zweite Pesttote wird die 22-jährige Maria, Tochter
des Hans Oßwald von Kaltenbach, genannt. 13 weitere Pesttote folgen in diesem
Monat März. Die Familie Hartmann trifft es besonders hart, sterben in diesem Monat
doch vier Kinder und am letzten des Monats auch der Hausvater mit 40 Jahren
an der Pest. In den Monaten April und Mai sind je 18 Pesttote verzeichnet. Im Juni
und Juli scheint die Pest etwas zurückgegangen zu sein, sind hier doch „nur" noch

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