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ren auch der Große Kurfürst von Brandenburg und der König Gustav Adolf von
Schweden.
In Deutschland entstanden sehr viele Ballhäuser in den letzten Jahrzehnten des
16. Jahrhunderts. Bauherren waren vor allem die Landesfürsten der großen und
auch kleinster Territorien. Die Ballhäuser standen in mehr oder weniger deutlichem
architektonischem Zusammenhang mit den Residenzschlössern, waren aber
stets freistehende Bauten von einer bemerkenswerten Größe, die durch die Dimensionen
des nahezu genormten Spielfeldes bedingt war. Neben dem Reitlehrer, dem
Fechtmeister, dem Tanzmeister war auch der Ballmeister meist fest besoldeter
Hofbeamter, oft auch in Deutschland ein Franzose. Auch für die Ritterakademien
, die Ausbildungsstätten für die jungen Adligen, wurden verständlicherweise
Ballhäuser errichtet. Bekannt, weil in mehreren Abbildungen überliefert, ist das
Ballhaus der Tübinger Ritterakademie am Collegium Illustre von 1593. Ballhäuser
erhielten schließlich die Universitäten, deren Studenten ja auch zum erheblichen
Teil Adlige waren. Das Privileg, im Ballhaus spielen zu dürfen, für Angehörige
des Adels und des städtischen Patriziates galt offenbar ziemlich ausnahmslos. Neben
oder anstelle einer festen Besoldung betrieben die angestellten Ballmeister das
Ballhaus als Geschäft. Sie waren nicht nur Trainer, sondern hielten auch das Haus
in Ordnung, lieferten und reparierten Bälle und Rackets, stellten die „Sportkleidung
'* bereit und sorgten für das leibliche Wohl ihrer Kunden in jeder Beziehung.
Das alles mussten die Spieler bezahlen; Ballhausordnungen schützten sie mancherorts
vor Übervorteilung durch die Ballmeister. Darüber hinaus wurde um Geld
gespielt, und es wurden offenbar auch Wetten abgeschlossen.
Natürlich waren die Ballhäuser in ihrer architektonischen Qualität höchst unterschiedlich
. Das sehr aufwendige Ballhaus in Salzburg erbaute um 1620 der
Hofbaumeister Santino Solari; von dem ebenfalls mit hohem architektonischem
Aufwand erbauten Ballhaus zu Coburg von 1629 gibt es Abbildungen, und das
große Ballhaus des Hradschin in Prag, errichtet 1567-69 von Bonifaz Wohlmut.
mit seiner aufwendigen Säulen- und Sgraffitodekoration ist wohl das schönste erhaltene
Ballhaus, allerdings im Innern völlig verändert. Andere Ballhäuser waren
aus Holz errichtet und entsprechend vergänglich - das Basler Ballhaus wurde 1645
vom Sturm umgerissen, auch das Rostocker endete so.
Obwohl die Errichtung von Ballhäusern offensichtlich 150 Jahre lang, vom
Ende des 16. bis ins 18. Jahrhundert hinein, eine wichtige Bauaufgabe war, denn
wenigstens jede Residenzstadt, die etwas auf sich hielt, musste unbedingt auch ein
Ballhaus haben, ist diese in der architekturgeschichtlichen Literatur bis heute sehr
vernachlässigt. In den einschlägigen Lexika sucht man vergeblich nach einem entsprechenden
Stichwort. Nur das alte Illustrirte Bau-Lexikon von Oscar Mothes in
der 2. Auflage von 1863 beschreibt die charakteristische architektonische Gestalt
von Ballhäusern mit aller Präzision: „Ballhaus, L bei den Alten und im Mittelalter
ein nur zum Ballspiel errichtetes Gebäude. In Frankreich waren dieselben im 17.
und 18. Jahrhundert in der Regel 90 Fuß lang, 30 Fuß breit. In der Mitte war ein
Netz (corde) quer über gezogen, der dadurch getrennte vordere Theil hieß le pied.
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