Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
68.2006, Heft 2.2006
Seite: 65
(PDF, 30 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2006-02/0067
richtsbarkeit ging wohl auch die Privilegierung der Bergleute mit weiteren Rechten
einher. Insbesondere die persönliche Freiheit (Freizügigkeit, uneingeschränkte
Vererbbarkeit des Besitzes, Wegfall von Frondiensten etc.) wird hier eine wichtige
Rolle gespielt haben. Mit eigener Kirche und Friedhof erstreckte sich die „Autonomie
"' der Sulzburger Bergleute sogar auf den kirchlich-religiösen Bereich.26

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Sulzburger Bergleute im späten
12. Jahrhundert hinsichtlich ihrer rechtlichen Stellung und von ihrem Selbstbe-
wusstsein her, das sich im Zugang zu einer eigenen Kirche manifestiert, in keiner
Weise den ..freien" Bürgern einer Stadt nachstanden. Vor diesem Hintergrund ist
es gerechtfertigt, die Bergbausiedlung auf dem Erzgang als Vorform der zwischen
1249 und 1283 gegründeten Bergstadt Sulzburg zu bezeichnen.27

Leben und sterben - Der hochmittelalterliche Friedhof der Sulzburger Bergleute

Wie schon oben erwähnt wurde, erbauten die Sulzburger Bergleute in der 2.
Hälfte des 12. Jahrhunderts auf dem „Geißmättle" eine Kirche und bestatteten bei
dieser ihre verstorbenen Angehörigen. Im Zuge der archäologischen Untersuchungen
konnten aus dem Friedhofsareal Skelettreste von über 70 Individuen geborgen
werden. Nach der intensiven anthropologischen und naturwissenschaftlichen Bearbeitung
erlauben die menschlichen Knochen einen unmittelbaren Zugang zu den
Lebensverhältnissen in dem Bergbaurevier. Da eine vollständige Darstellung der
anthropologischen Untersuchungen hier nicht möglich ist2s, beschränken sich die
folgenden Ausführungen auf einige grundsätzliche Punkte zur Lebensqualität. Eines
sei dabei schon an dieser Stelle vorweggenommen: Das Bild von Silber, rechtlichen
Privilegien und persönlicher Freiheit hat mit den realen Lebensbedingungen
in dem hochmittelalterlichen Bergbaurevier nichts gemeinsam!

Nach den naturwissenschaftlichen Untersuchungen waren die Bergleute, ihre
Frauen und Kinder einer starken Bleibelastung ausgesetzt, die von der Aufbereitung
und Verhüttung der Blei-Silber-Erze herrührte und über die Nahrungskette aufgenommen
wurde. Chronische - eventuell sogar akute - Bleivergiftung muss in diesen
Fällen als Krankheit angenommen werden. Bei einem Individuum, ein etwa mit 10
Jahren verstorbener Junge, besteht der Verdacht, dass die extreme Bleibelastung zu
einem tödlichen Knochenkrebs mit beigetragen hat. Besonders häufig treten bei Kindern
und Jugendlichen, die fast 50 % der Verstorbenen ausmachen, allgemeine Mangelerscheinungen
auf. die auf eine unzureichende Ernährungsituation hindeuten.

Die insgesamt schlechte Lebensqualität lässt sich außerdem an der Lebenserwartung
ablesen. Ein 20-jähriger Bewohner des Bergbaureviers konnte im Schnitt
noch mit einer Lebenserwartung von ca. 13 Jahren rechnen. Im Gegensatz dazu
verblieb einem erwachsenen Bewohner des landwirtschaftlich geprägten Dorfes
Berslingen bei Schaffhausen im Früh- und Hochmittelalter noch eine durchschnittliche
Lebensspanne von 26 Jahren.29

Nach diesem kurzen Einblick in das tägliche Leben und Sterben im hochmittelalterlichen
Bergbaurevier Sulzburg drängt sich förmlich die Frage auf, wie man

65


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2006-02/0067